Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Im Wettbewerb um das Weiße Haus ist die erste Vorwahl immer ein besonderer Augenblick, Anfang 2016 war sie das noch mehr, weil der republikanische Überraschungskandidat Donald Trump gerade alles durcheinanderwirbelte. Zu diesem Anlass wollte ich die Stimmung im Land gründlich erforschen und nahm mir einen längeren „Road Trip“ vor: Ich fuhr also mit dem Auto von New York, wo Trump zuhause war, 1700 Kilometer nach Iowa im Mittleren Westen, wo die erste Vorwahl bevorstand. Ich war neugierig darauf, wie Trump in Amerika gesehen wurde; in seiner Heimatstadt New York, im post-industriellen „Rust Belt“, wo viele seiner Anhänger leben, und im ländlichen Iowa. Ich habe unterwegs viele Menschen getroffen, und fast alle waren enttäuscht von der Politik. So entstand ein Portrait Trumps und Amerikas, und ich fasste meine Recherche so zusammen: „Präsident Trump: Noch klingt das verrückt. Noch verrückter aber wäre es, Trump als chancenlos abzutun.“
 
Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Größte Herausforderung waren die Schneestürme auf der Strecke, es war Anfang Januar, und manchmal kam man selbst auf der Autobahn nicht mehr voran. Die zweite Herausforderung lag darin, all die Menschen und Schauplätze zu einer Geschichte zu verbinden. Ein roter Faden ist nun die Fahrt auf der Autobahn Interstate 80 nach Westen und die verschiedenen Milieus, die dort aufeinander folgen. Der zweite: Je weiter man ins Innere Amerikas vordringt, desto mehr spürt man das Unbehagen, die Empörung und sogar den Hass etlicher Wählerinnen und Wähler auf die etablierten Parteien, natürlich verbunden mit der Sehnsucht nach einem Retter.
 
Wie wurden Sie dabei unterstützt?
Die größten Unterstützer waren zweifellos die Menschen unterwegs. Ich saß mit Ihnen in Restaurants, in Kneipen, in ihren Wohnzimmern, bei Wahlkampfveranstaltungen. Sie waren alle sehr offen, sehr ehrlich, auch sehr herzlich. Amerikaner reden freimütiger über ihre politischen Überzeugungen als Deutsche. Und auch viele Anhänger Trumps sind nicht bloß dumpfe Gesellen, sondern durchaus liebenswert. Es ist wichtig, ihnen zuzuhören, so wie es in Deutschland wichtig ist, den Anhängern der AfD zuzuhören.
 
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Guter Journalismus ist vor allem unbefangen. Er beugt sich weder den Mächtigen, noch seinen eigenen Vorurteilen. Er ist ferner gewissenhaft, er ist fair, er geht in die Tiefe. Und im besten Falle versucht er immer auch, zu unterhalten.
 
Was braucht ein herausragender Artikel?
Ein herausragender Artikel braucht Nähe und Distanz zugleich. Der Reporter muss nah bei den Menschen sein, über die er berichtet. Später beim Schreiben aber muss er sich auch innerlich wieder lösen, um die Situation kühl – oder auch mal ironisch - analysieren zu können.
 
Was erwarten Sie von der Preisverleihung am 21. Juni in Berlin?
Einen gemütlichen Abend mit netten Kollegen.