Dunja Ramadan

Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Meinung 2023

Dunja Ramadan ist seit 2017 Politikredakteurin der Süddeutschen Zeitung und schreibt über die arabische Welt und Themen wie Migration, Integration und kulturelle Vielfalt. Sie hat Arabistik, Islamwissenschaft und Judaistik in München und Berlin studiert und ist Absolventin der Deutschen Journalistenschule in München. In den vergangenen Jahren bereiste sie zahlreiche Länder der arabischen Welt. 2017 wählte sie das „Medium Magazin“ zu den „Top 30 bis 30“ Nachwuchsjournalisten in Deutschland. 2018 erschien ihr erstes Buch "Khalid und das wilde Sprachpferd". Seit 2020 unterrichtet Dunja Ramadan an der Deutschen Journalistenschule in München den Kurs "Gesellschaftliche Vielfalt in der journalistischen Praxis."

Dunja Ramadan
Friedrich Bungert/SZ

Im Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Ich reiste vor Beginn der Weltmeisterschaft gemeinsam mit ein paar SZ-Kollegen aus der Sportredaktion nach Katar. In Doha übernahm ich dann die politische und gesellschaftliche Berichterstattung. Zuvor war ich zweimal in Katar und im Vorfeld der WM sprach ich mit sehr vielen Menschen, die in Doha leben, mit Einheimischen, mit Arbeitsmigranten, mit Gutverdienern, mit Geringverdienern. Ich hatte danach den Eindruck, ein viel differenziertes Bild aus Katar zu haben und als ich dann noch einige Tage vor Ort war, fiel es mir viel leichter, diesen Leitartikel zu schreiben. Der Meinungschef Detlef Esslinger hatte mich vor der Reise angefragt, weil er mitbekommen hatte, dass ich nach Katar reisen werde. Und er wusste, dass ich kein Fußballfan bin … Ich entschied mich dann angesichts der Boykottdebatte, über unser Katarbild zu schreiben. Gefühlt war alles an dieser Weltmeisterschaft verwerflich. Das deckte sich allerdings nicht mit den Eindrücken, die ich vor Ort gewann.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Ich hatte im Vorfeld sehr viel gelesen und recherchiert und mir fiel die Ballung der negativen deutschen Katar-Berichterstattung auf. Natürlich konnte man viele Kritikpunkte nicht von der Hand weisen – im Gegenteil: ich finde es gut, auf Veränderungen im WM-Gastgeberland zu pochen – aber mir fiel doch auf, dass die Kritik bestimmte Nuancen beinhaltete, die ich von vorherigen WMs etwa in Russland oder den Olympischen Spielen in China so nicht kannte. Ich gewann den Eindruck, dass bei Katar einfach sehr viel zusammenkam: die erste Weltmeisterschaft in der arabischen Welt, einer Region, mit der viele vor allem Kriege, Terror und Islamismus verbinden. Die erste Weltmeisterschaft, in der die Gastgeber den Bierausschank regulieren und ganz generell: Der professionelle Fußball, der gehört doch uns, dem Westen. Und überhaupt: es ist Winter und kein Grillwetter. Die Herausforderung bestand für mich dann darin, der durchaus berechtigten Kritik an Katar, den schlechten Arbeitsbedingungen der Migranten, dem feindlichen Klima gegenüber Homosexuellen, Raum in meinem Leitartikel zu geben – und gleichzeitig mögliche Beweggründe hinter unserer Empörung zu erforschen. Als ich den Text nach München schickte, schrieb mir Detlef Esslinger noch hinterher: „Du wirst viel Gegenwind ernten.“ Aber im Gegenteil, ich habe wirklich sehr viel Zuspruch erhalten, gerade auch von Menschen, die Uwe und Holger heißen. Das fand ich sehr bemerkenswert.

Wie wurden Sie unterstützt?
Von den Chefs der Meinungsredaktion: Detlef Esslinger und Meredith Haaf.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Thesen wieder zu verwerfen, gängige Meinungen und Stereotype zu hinterfragen, Perspektiven zu wechseln, Empathie.

Was braucht ein herausragender Artikel?
Ein herausragender Artikel muss überraschen, sprachlich wie inhaltlich. Ein gutes Zeichen ist es, wenn man nach der Lektüre noch ein Weilchen drüber nachdenkt und nicht sofort zum Alltagsgeschäft übergeht.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung?
Ich war noch nie auf einer Preisverleihung und bin deshalb sehr gespannt auf die Atmosphäre dort. Und ich freue mich wirklich sehr auf den Austausch mit vielen Kolleginnen und Kollegen.

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