BDZV: Vor Beitragserhöhung Debatte über den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nötig

Aktuelle Erhebung belegt negative Auswirkungen öffentlich-rechtlicher presseähnlicher Online-Angebote auf die Medienvielfalt

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger hat heute in Berlin an die Bundesländer appelliert, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) neu zu fassen, bevor über die Erhöhung der Rundfunkbeiträge entschieden wird.

Mann liest am Tablet
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Hintergrund ist eine von der Verlegerorganisation in Auftrag gegebene Untersuchung. Danach könnten sich 44 Prozent der Befragten private Medienangebote wegen des hohen Rundfunkbeitrags nicht oder weniger leisten als in der Vergangenheit. Die Erhebung zeigt auch, dass 62 Prozent der befragten Nutzer der öffentlich-rechtlichen Online-Portale „immer oder häufig“ Textangebote aufrufen. Bei Videos seien es nur 39 Prozent. Fast 40 Prozent der Befragten würden ihr Nutzungsverhalten ändern und auch digital und gedruckt mehr Presse nutzen, wenn es das öffentlich-rechtliche Textangebot in dieser Form nicht gäbe.

"Dass der Rundfunkbeitrag die Finanzierbarkeit der digitalen und gedruckten Presse so stark beeinträchtigt, ist ein zunehmend existenzielles Problem für unsere Mitglieder", sagt Stefan Hilscher, Vorstandsvorsitzender des Verbands. Matthias Ditzen-Blanke, ebenfalls Vorstandsvorsitzender des BDZV, weist darauf hin, dass die Umfrage nachweise, dass die Schwerpunktnutzung der öffentlich-rechtlichen Onlineangebote auf Text liege. „Es ist klar, dass durch die Textangebote der öffentlich-rechtlichen Sender ein ungleicher Wettbewerb entsteht, der die Pressevielfalt gefährdet“, warnt Ditzen-Blanke.

„Die Regeln zur Begrenzung des Auftrags der Sender funktionieren nicht“, ergänzt BDZV-Hauptgeschäftsführerin Sigrun Albert. Das gelte insbesondere mit Blick auf die Vorgabe des Medienstaatsvertrags, dass Telemedienangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht presseähnlich sein dürfen. Der BDZV habe sich gemeinsam mit der ARD sehr lange um eine Schlichtung am Beispiel von Radio Bremen und MDR bemüht. Dies sei gescheitert, weil die Auffassungen über den geltenden Rechtsrahmen zu unterschiedlich seien. „Das zeigt doch, dass die Regeln neu gefasst werden müssen“, fordert Albert, „auch um lange Gerichtsverfahren, wie sie derzeit nötig sind, zu vermeiden.“ Derzeit sei der Auftrag nicht klar definiert, was zu vielen digitalen Leseangeboten der öffentlich-rechtlichen Sender führe. "Eine aus Mitteln des Rundfunkbeitrags finanzierte, digitale öffentlich-rechtliche Presse, wie sie heute existiert, haben auch die Länder nie gewollt", betont Albert.

„Wir teilen die Auffassung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen hohen Wert für die Gesellschaft hat. Er sollte die privatfinanzierte Presse in dieser Hinsicht ergänzen, nicht aber mit Hilfe öffentlicher Finanzierung gefährden oder gar verdrängen“, resümiert Stefan Hilscher. Matthias Ditzen-Blanke ergänzt: „Ein neu gedachter öffentlich-rechtlicher Rundfunk kann Antworten auf wichtige Zukunftsfragen geben. Zum Beispiel, wie das öffentlich-rechtliche System nicht mehr die Marktchancen und Vielfalt der privaten Presse einschränken würde, sondern die Qualität der hervorragenden Medienlandschaft in Deutschland insgesamt weiter verbessern kann. Das gilt gerade vor dem Hintergrund der uns einenden Herausforderungen in der digitalen Welt. Gerne laden wir die Rundfunkkommission der Länder ein, darüber mit uns zu sprechen.“