Verena Mayer und Thorsten Schmitz
Kurzbiographien der Autor*innen
Verena Mayer, 1972 in Wien geboren, verlegte nach ihrem Studium der Theaterwissenschaft, Germanistik und Geschichte und mehreren Jahren bei der österreichischen Tageszeitung Der Standard ihren Lebensmittelpunkt nach Berlin, erst als Reporterin für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, später für den Tagesspiegel. Von 2009 bis 2012 berichtete sie als freie Korrespondentin aus Zürich, seit 2014 arbeitet sie im Berliner Büro der Süddeutschen Zeitung und beschäftigt sich mit Gesellschaft und Kultur in der Hauptstadt. Für ihre Arbeit wurde sie unter anderem mit dem European Journalism Award on Diversity der EU-Kommission ausgezeichnet.
Thorsten Schmitz, Frankfurter des Jahrgangs 1966, schreibt und recherchiert und redigiert seit über zwanzig Jahren für die Süddeutsche Zeitung, hauptsächlich für die Seite Drei. Mehr als elf Jahre lebte er, zwischen 1998 und 2010, in Tel Aviv als Israelkorrespondent der SZ. Vor seiner SZ-Zeit schrieb Schmitz mal als fester, mal als freier Reporter für die taz, die Frankfurter Rundschau, GEO und Die Zeit. Das Handwerk gelernt hat er an der Deutschen Journalistenschule in München.
Im Interview
Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Sehr klassisch. In Berlin wurde der Fall eines jüdischen Jungen publik, der wegen Mobbings seine Schule verlassen hat. Wir beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen: Warum ein Teenager von Klassenkameraden über Monate beschimpft, getreten und verprügelt wird, und anstatt Hilfe zu bekommen, sehen die Eltern nur den Ausweg, ihn von der Schule zu nehmen. Wir nahmen mit der Familie des Jungen Kontakt auf, denn uns war schnell klar, dass diese Geschichte aus seiner Perspektive erzählt werden muss. Wir haben außerdem Gespräche geführt mit dem Schulleiter, mit dem Bildungssenat und mit Antisemitismus-Experten.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Der Schulleiter war nur unter Zögern bereit, mit uns zu reden. Auch Versuche, die Berliner Bildungssenatorin persönlich zu sprechen, verliefen erfolglos. Unser Eindruck war, dass viele Verantwortliche in der Berliner Bildungsverwaltung nicht wahrhaben wollten, wie alltäglich das Problem Antisemitismus an Schulen ist.
Von wem und/oder wie wurden Sie dabei unterstützt?
Die Familie des Jungen hat uns viel Zeit gewidmet und uns einen tiefen Einblick in ihren Alltag gewährt. Auch durften wir mit dem Sohn sprechen. Uns hat sehr beeindruckt, wie souverän er mit dem monatelangen Mobbing und auch dem anschließenden Medienansturm umging. Es war ihm ein Anliegen, seine Geschichte zu erzählen, um anderen Jugendlichen in seiner Situation Mut zu machen.
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Thorsten Schmitz: Versuchen, so dicht wie möglich an die Menschen heranzukommen, mit Empathie recherchieren und schreiben und so unvoreingenommen wie möglich auf Menschen zugehen und für Überraschungen offen zu sein und nicht das beschreiben, was schon im Archivmaterial steht.
Verena Mayer: So viel Recherche wie möglich und so wenig Meinung wie nötig.
Was braucht ein herausragender Artikel?
Verena Mayer: Das hängt von der Textsorte ab. Bei Reportagen: Nah am Einzelfall erzählen und doch so, dass ein abstraktes Phänomen in seiner Vielschichtigkeit durchdrungen wird. Und, ganz wichtig, eine gute Sprache.
Thorsten Schmitz: Haltung. Tiefe. Gefühl. Und Zeit für eine gründliche Recherche.
Was erwarten Sie von der Preisverleihung am 20. Juni in Berlin?
Verena Mayer: Wiedersehen mit Kolleginnen und Kollegen, kalte Getränke.
Thorsten Schmitz: Anregende Gespräche, mediterranes Essen, einen Überraschungsgast.