Christoph Cadenbach

Kurzbiographie des Autors

1979 in Bielefeld geboren, hat Medienwissenschaften studiert und anschließend die Berliner Journalistenschule besucht. Seit 2009 arbeitet er beim Magazin der Süddeutschen Zeitung, erst in der Redaktion in München, mittlerweile lebt er in Berlin.

Portraitfoto von Christoph Cadenbach
Christoph Cadenbach

Im Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?

„Terrorverdächtiger in Berlin Schöneberg festgenommen“ – diese Meldung ging im November 2016 durch die Medien. In einem Bericht hieß es, dass der mutmaßliche Islamist bei einem deutschen Flüchtlingshelfer gewohnt habe, mit dem er befreundet sei. Das fand ich interessant. Weil die meisten islamistisch motivierten Terrorverdächtigen, über die ich zuvor gelesen hatte, in einer verschlossenen Subkultur, einer bestimmten Szene zu Hause waren. Auf diesen jungen Mann, der 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen war, traf das anscheinend nicht zu.  Ich fragte mich, wie der Flüchtlingshelfer nun damit umgeht, dass sein Vertrauen offenbar ausgenutzt worden war? Und ich hatte Glück: Es stellte sich heraus, dass der Flüchtlingshelfer ein Bekannter eines Freundes von mir ist. Dieser persönliche Kontakt war sicherlich die Grundlage für das Vertrauen, das er mir dann entgegenbrachte.   
Bis zum ersten persönlichen Treffen vergingen trotzdem fünf Monate. Der Terrorverdächtige war mittlerweile nach Tunesien abgeschoben worden, aus der Untersuchungshaft heraus. Ohne Urteil und ohne Gewissheit für den Flüchtlingshelfer, was denn nun dran war an den Vorwürfen. War er wirklich beim IS in Syrien gewesen? Hatte er tatsächlich einen Anschlag in Berlin geplant? Diese und viele andere Fragen beschäftigten den Flüchtlingshelfer natürlich. In den folgenden Monaten trafen wir uns immer wieder. Ich sprach auch mit Freunden von ihm und mit Freunden des Terrorverdächtigen, sowie mit dessen deutscher Ex-Freundin und einer Mitarbeiterin von Tamaja, der Firma, welche die Flüchtlingsunterkunft betreibt, in welcher der Terrorverdächtige die ersten Monate in Deutschland gelebt hatte. Im April 2018 reiste ich mit dem Flüchtlingshelfer nach Tunis und traf dort die Familie des Terrorverdächtigen und seinen Anwalt. Auch mit seinen beiden deutschen Anwälten führte ich Interviews und Hintergrundgespräche. Außerdem konnte ich die Ermittlungsakte einsehen.

Wie wurden Sie unterstützt?

Von meiner Chefredaktion, die mir viel Zeit für die Recherche eingeräumt hat, von meinen Kollegen in der Redaktion, die den Text vorab gelesen und wichtige Anmerkungen gemacht haben. Außerdem von Dellair Youssef, einem Freund und Journalisten aus Syrien, der mir immer wieder bei Recherchen im arabischsprachigen Raum hilft, und von Mai Choucri, einer tollen Übersetzerin in Tunis.
 

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?

Aus etwa 30 Stunden Interviewaufnahmen und einer mehr als 1000 Seiten langen Ermittlungsakte eine Reportage zu schreiben. Ich hatte einfach sehr viel Material. Die meisten Gesprächspartner trafen sich bereitwillig mit mir, vermutlich, weil ich das Vertrauen des Flüchtlingshelfers hatte. Natürlich hätte ich gern mit dem Terrorverdächtigen persönlich gesprochen, aber das ging nicht, weil er seit seiner Abschiebung nach Tunesien in einem Gefängnis in Untersuchungshaft sitzt und nur von seiner Familie besucht werden darf. Auch die deutsche Polizei und die Generalbundesanwaltschaft wollten sich nicht zu dem Fall äußern.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?

Neugierde und das Gespür für wichtige Themen und interessante Menschen. Genauigkeit, Ausdauer, Fairness. Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit natürlich, aber das gilt für alles, was sich Journalismus nennt.

Was braucht ein herausragender Artikel?

Eine tiefe Recherche. Spannende Fragen, die nicht immer beantwortet werden müssen. Widersprüche und Zweifel, die offen gelegt werden. Und trotz aller Kritik gerade: eine fesselnde Dramaturgie und einen eigenen, interessanten Stil.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung am 26. Juni in Berlin?

Einen unterhaltsamen Abend.

Ein deutscher Flüchtlingshelfer und ein Flüchtling werden beste Freunde. Plötzlich wird der Flüchtling als Terrorverdächtiger verhaftet. Es beginnt die sehr persönliche Suche nach der Wahrheit: Hat mich dieser Mann die ganze Zeit getäuscht? Was hatte er vor? Oder ist er doch unschuldig?

Es ist ein ungewöhnlich warmer Morgen im April 2018, als Jan Bergmann, ein 38-jähriger Sportlehrer aus Berlin, in ein Flugzeug steigt, um herauszufinden, ob sein Freund Karim ein Terrorist gewesen ist.

Nominierter Christoph Cadenbach

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