Bis zum Letzten

von Marius Buhl

Beim Marathon laufen vorne die Profis, die Schlagzeilen machen. Und ganz hinten die Menschen, die große Geschichten über das Leben und den Tod zu erzählen haben. Unterwegs mit Läufern, denen es um viel mehr geht als nur um Sport.

Ihm zittern die Beine, sein Rücken beschreibt einen Buckel, auf seinen Armen haben sich die Härchen aufgestellt, dabei hat er den ganzen Marathon noch vor sich. Aus ängstlichen Augen schaut Udo Freund nach vorne und sieht dabei so zerbrechlich aus wie ein Weinglas in der Faust eines Preisboxers. 

 

Mockup des nominierten Textes von Marius Buhl von der von der SZ-Magazin-Website
SZ-Magazin / BDZV

Es ist kurz vor zehn am letzten Aprilsonntag, in Hamburg klettert die Sonne den Himmel hinauf, als wollte sie sich den besten Blick auf das Spektakel da unten sichern. Im Schatten des Fernsehturms wartet Freund, 79 Jahre alt, in seinem hellblauen Laufdress auf den Start. Freund sieht Männer in Shorts, die auf ihren Sportuhren herumdrücken, und Frauen mit Schweißbändern, die über Rennstrategien fachsimpeln. Seine lautet: durchhalten, so lange er kann. Er weiß, welche Strapazen auf seine Beine zukommen und auf den Rücken. Als er jünger war, ist er mal den New-York-Marathon gelaufen und auf Hawaii den Triathlon. Insgesamt hat Freund in seinem Leben 36 Marathons hinter sich. Keiner war wichtiger als dieser. Er schaut zum Himmel. Marathon 37 soll der letzte seines Lebens werden, dieses eine Mal will er noch, muss er noch, er hat es sich geschworen. Und seiner Frau, nachdem sie gestorben war. Udo Freund hat mit dem Leben noch eine Rechnung offen. 

42,195 Kilometer liegen vor ihm und den anderen rund 14 000 Läufern, die in diesem Jahr in Hamburg am Start sind. Ganz vorne rennen äthiopische Stars um den Weltrekord. Mittendrin jagen Hobbyläufer persönliche Bestzeiten. Ganz hinten aber, in Startblock N, stehen auch noch ein paar Läufer. Ihr Kampf gilt etwas anderem. Man kann diesen Kampf bei jedem Marathon beobachten, in Hamburg, Berlin, New York, Hongkong. Der Kampf gilt einem Auto, das ganz hinten fährt und das die Läufer liebevoll Besenwagen nennen, weil es die Langsamsten von der Strecke fegt wie ein rigider Hausmeister. Der Besenwagen fährt im Durchschnittstempo einer Richtzeit, in Hamburg sind das sechs Stunden. Wer die Zwischenzeiten nicht einhält, muss einsteigen und das Rennen beenden. Ganz hinten, da laufen die großen Geschichten, die das Leben zu erzählen hat.

KILOMETER 1

Als der Startschuss ertönt, rennen die Läufer vorne los. Bis diejenigen ganz hinten sich in Bewegung setzen können, dauert es eine Weile. Die Richtzeit läuft schon, und das macht sie nervös. Da stehen Peter Hahl und Peter Baader, Udo Freund und Antje Dehnel, Michaela Rühmling und Christian Hottas. Peter Hahl kriegt schon nach 600 Metern Probleme. Die Wade. Er joggt nicht, er geht spazieren. Hahl deutet auf seinen Bauch und sagt: »Scheiß Wampe.« 111 Kilo. 2000 Liter Bier hat er im vorigen Jahr getrunken, er hat mitgezählt. In seinem Gesicht wächst ein Vollbart von solch enormem Ausmaß, dass man sich vorstellt, Karl Marx liefe einen Marathon. Hahl ist eine kleine Berühmtheit in Hamburg: Er ist jeden einzelnen der inzwischen 33 Marathons gelaufen. Voriges Jahr wurde er Letzter und im Jahr davor auch. So langsam, dass er nicht mal auf der Ergebnisliste stand, weil der Besenwagen ihn schnell einholte und aus dem Rennen nahm. Hahl lief trotzdem weiter, auf dem Bürgersteig. Er kam ins Ziel, da war das schon abgebaut. Heute hat er den Ausdruck eines Facebook-Posts dabei, in dem ihn jemand als Kultfigur bezeichnet. Den will Hahl vorzeigen, wenn jemand versuchen sollte ihn zu zwingen, das Rennen abzubrechen. Er schwitzt und keucht. »Ich habe hier ein Lebenswerk errichtet mit meinen 33 Teilnahmen«, sagt er. Als die Strecke nach zwei Kilometern auf die Reeperbahn abbiegt, fragt ihn ein Punk, ob er sich nicht lieber zu ihm setzen und ein Bier saufen wolle. Hahl schnauft. Nach weiteren hundert Metern bleibt er stehen. Hinter ihm rollt mit Blaulicht ein Kastenwagen der Polizei heran. Aus dem Fenster des Autos hält der Fahrer einen kleinen Handfeger. Der Besenwagen. Eine Polizistin öffnet die Schiebetür, grüßt freundlich und schreibt Peter Hahls Nummer auf. Er fliegt aus der Wertung, da ist das Rennen noch nicht mal richtig losgegangen. Er läuft trotzdem weiter.

KILOMETER 6

Peter Baader hat gesehen, wie sich der Besenwagen Hahl geschnappt hat. Ob er auch finde, dass Hahl wie Karl Marx aussehe? Baader sagt: »Ich kenne Marx nicht. Ich bin ein Rechter, kein Linker.« Während er sich vorwärts schleppt, erzählt er, dass er Dutzende Liebesbriefe von Ernst Jünger bei sich zu Hause horte, die CDU schon lange nicht mehr wähle und es okay sein müsse zu sagen, dass man ein Rechter sei in diesem Land, das aber heute so eine Konnotation habe, na ja. »Man lernt zu sterben, wie man atmen lernt«, schrieb Ernst Jünger. Als Peter Baader sich nach sechs Kilometern umdreht, blickt er in die freundlichen Augen einer Polizistin. »Finito«, sagt die.

KILOMETER 7

Nach Baader holt sich der Wagen Antje Dehnel. Sie sei vielleicht die langsamste Frau, sagt Dehnel beim Einsteigen, aber dass hinter ihr nur Männer gelaufen seien, zeige doch, wer hier das starke Geschlecht sei. Dehnel sagt, es sei trotzdem eine dumme Idee gewesen, sich für den Marathon anzumelden. Sie habe grauen Star und sehe alles nur getrübt. Das sei ihr letzter Lauf gewesen. »Jetzt freue ich mich auf den Besenwagen, da sitzen immer so lustige Leute drin«, sagt sie.

KILOMETER 12

Udo Freund saugt Luft in seine Lunge und reißt dabei die Augen auf. Er geht nicht, so wie die anderen, die nicht mehr können, er läuft, so schnell er kann, sechs Stundenkilometer seien es mindestens, schätzt er. In Hamburg-Altona geht es bergab. »Wie das hilft!«, ruft Freund und beschleunigt. Wenn er sich umdreht, kann er den Besenwagen sehen, aber das macht er einmal und nicht wieder. Er hat ein Ziel: die Landungsbrücken. Dort stand Jahr für Jahr seine Frau Bärbel. »Das liebste Geschöpf auf der ganzen weiten Welt«, sagt Freund. 

So war das immer: Er lief, Bärbel feuerte ihn an. Geld hatten sie wenig, und das gaben sie für Reisen zu Marathons aus. In Hamburg reichte Bärbel ihm an den Landungsbrücken immer eine Flasche Wasser. Immer an derselben Stelle, gleich bei der Brücke 3. Nun steht sie nicht mehr dort. 

Bärbel Freund war schwach im vergangenen Herbst, da traf ihr Mann diese Entscheidung, die ihn immer wieder einholt. Er hatte sich geschworen, seine Frau nie herzugeben, auch nicht, als sie im Rollstuhl saß. Er war Dreher, handwerklich begabt, also baute er einen Seilzug, mit dem er sie die Treppe zum Haus hinaufziehen konnte. Pflegte sie. Dann ging es nicht mehr, er brachte sie ins Heim. Jeden Tag fuhr er zu ihr, blieb den Tag über dort und ging erst abends nach Hause. Schimpfte mit dem Personal, weil die nicht Acht gaben, dass seine Frau ihre Tabletten nahm. Er gab sie ihr. Im Dezember steckte Bärbel sich mit dem Noro-Virus an, übergab sich in der Nacht auf dem Rücken liegend, und weil sie keine Kraft hatte, sich zu drehen, tropfte das Erbrochene zurück in die Speiseröhre und in die Luftröhre und von da in die Lunge. Als Udo seine Frau am nächsten Tag besuchte, flüsterte sie: »Wann holst du mich endlich heim, Udo?« Zwei Tage später starb sie an einer Lungenentzündung. 

Udo Freund läuft diesen Marathon, weil er seiner Frau noch einmal nahe sein will. Eine letzte Qual. »Bei jedem Schritt hämmert dieser Satz vom Sterbebett in meinem Ohr«, sagt er. »Ich habe mich schuldig gemacht, weil ich sie weggegeben habe.« Wäre es nicht doch noch gegangen, sie zu Hause zu pflegen? Irgendwie? Die Menschen am Rand der Strecke jubeln ihm zu, ein paar Jungs, die vor einem Altersheim stehen, rufen, dass er auf die andere Seite der Absperrung gehöre. »Die Beine tun so weh«, sagt Freund, da ist der Besenwagen ganz nah, und die Landungsbrücken sind noch ein paar hundert Meter entfernt. Die Polizistin öffnet die Schiebetür. »Startnummer 15556?«, ruft sie. Freund ignoriert sie. Er kämpft weiter, Meter um Meter. Seine Augen sehen nicht mehr ängstlich aus, sondern entschlossen. Er atmet in kurzen Stößen und ist weiß im Gesicht. Noch hundert Meter. Freund überkreuzt die Beine beim Laufen, die Arme schwingen unkontrolliert, die Silberkette mit dem Anhänger um seinen Hals pocht im Takt seiner Schritte gegen die Brust. Er läuft an den Landungsbrücken vorbei, bleibt stehen und blickt nach rechts. Da, ganz nah am Wasser, da stand sie immer. Freund dreht sich um und klettert mit letzter Kraft in den Besenwagen. Er lächelt.

KILOMETER 14

In seiner Welt ist Christian Hottas ein Star. Niemand auf der Erde ist mehr Marathons gelaufen als er. Das hat er gerade einem anderen Läufer erzählt, und der posaunt es nun an jeden raus, der Hottas überholt. 2667 Stück sind es über die Jahre geworden. Eigentlich noch mehr, aber Hottas, 61 Jahre alt, zählt nur die, bei denen er auch ins Ziel kam. Der Zweite in der Weltrangliste hat 500 Marathons Rückstand. »Das holt der nicht mehr«, sagt Hottas. 

Hottas trägt eine Outdoor-Weste und eine Sportlersonnenbrille, darunter einen gestutzten Kinnbart. Ein deutscher Jack-Wolfskin-Tourist auf dem Weg zur Zugspitzseilbahn, könnte man denken, aber Hottas ist Extremsportler. Drei Marathons pro Woche läuft er, er organisiert sie selbst mit ein paar anderen Verrückten. Dünner wird er davon nicht, schneller laufen will er auch nicht. Nebenbei praktiziert er als Orthopäde. Er redet gern. Als er durch den Tunnel unter dem Hamburger Hauptbahnhof joggt, erklärt er den Läufern um ihn herum, rechts unter dem Bahnhof befinde sich ein Atomschutzbunker. Die hören zu und hängen sich dran. »Wenn wir beim Hottas bleiben, holt uns der Besenwagen nicht«, sagt einer, »der bringt uns ins Ziel.« 

Gruppetto, so nennen sie bei der Tour de France die Gruppe ganz hinten, die sich bei Bergetappen bildet. Dort radeln die Sprinter. Weil sie wissen, dass sie das Zeitlimit überschreiten könnten, versammeln sie sich zu einer so großen Gruppe, dass der Veranstalter oft ein Auge zudrückt und sie nicht disqualifiziert. Einfach, weil sie so viele sind. Das funktioniert normalerweise auch beim Marathon, und deswegen gruppieren sich nun um die zwanzig weitere Läufer um Christian Hottas.

KILOMETER 21

Der Besenwagen schließt zum Gruppetto auf. Die Polizistin beugt sich heraus. »Bitte räumen Sie den Weg. Sie sind zu langsam, wir müssen vorbei!«, ruft sie. Hottas schnaubt. Er rechnet der Polizistin vor, dass sie sich in der Zeit irre. Sie berechne nämlich die Bruttozeit seit dem Startschuss, aber er sei ja ganz hinten gestartet und durch den Rückstau erst zwanzig Minuten nach der Spitze über die Linie gelaufen. Berechne man die Nettozeit, sei das Gruppetto im Soll. Die Polizistin lacht, bleibt aber hartnäckig: »Bitte machen Sie die Strecke frei!« Die kennt Hottas nicht. Er schiebt seinen Körper direkt vor den Besenwagen und verlangsamt das Tempo. »Frechheit!«, ruft er. Die anderen Läufer schließen sich ihm an. Die Polizistin versucht es freundlich. »Laber, laber, sülz!«, ruft einer, »wir haben bezahlt und Sie kein Fingerspitzengefühl!« Ein anderer: »Sie können mich am Arsch lecken.« Ziviler Ungehorsam am Ende der Laufstrecke. Eine Frau in pinkfarbener Laufhose ist stiller. »Die zerstören doch Träume hier«, sagt sie leise. 

Der Besenwagen gibt nicht auf. Als die Strecke breiter wird, überholt der Wagen das Gruppetto. Nach und nach geben sich die Läufer geschlagen und steigen in den Wagen. Nur Christian Hottas nicht. Der läuft hinter dem Besenwagen weiter, die Polizistin hat ihn übersehen. Er ist noch nicht geschlagen.

KILOMETER 26

Paolo Francesco Gino ist aus Italien nach Hamburg gereist. Er ist der Präsident des »Club Super Marathon Italia«, Schwesterclub des deutschen »100 Marathon Clubs«, dem nur Läufer angehören, die mehr als hundert Marathons geschafft haben. Alter Freund von Christian Hottas. Gino joggt nicht, er tanzt. Wackelt bei jedem Schritt mit seinem Po und hält sich vorn den Bauch fest, damit der nicht so mitschwingt. Das sieht derart lustig aus, dass Zuschauer ihre Handys zücken und ihn filmen. Gino hat eine Taktik entwickelt, die sich als tauglich herausstellen wird. Wann immer sich der Besenwagen nähert, gibt er alles. Der Po pendelt dann in einem zackigen Rhythmus, Meter um Meter läuft er dem Wagen davon. Wenn er ganz außer Atem ist, verschnauft er, indem er langsam weitertänzelt.

KILOMETER 33

Eine Frau aus Bayern läuft unrund. »I muass zum Scheißen«, lässt sie die Welt wissen, und ein paar Hamburger am Streckenrand schauen verdutzt. Dann endlich steht rechter Hand ein Dixi-Klo. Die Frau geht rein, kommt aber nach fünf Sekunden wieder raus. »Is grauslig da drin«, ruft sie, »komplett verschissen. I verheb’s ma besser.« Und wackelt weiter.

KILOMETER 37

Christian Hottas kämpft hinter dem Besenwagen. Nach ihm bauen Polizisten die Absperrgitter ab, die Fans verziehen sich, nur ein paar Letzte feuern diesen Verrückten an, der sich nun durch Hamburg-Eppendorf schiebt. Hottas weiß, dass er gegen Ende schneller wird, er läuft auch 100-Kilometer-Rennen, Marathons sind eher die Kurzdistanz für ihn. Während er läuft, erzählt er seine Geschichte. Laufen sei sein Leben, sagt er, schon immer. Als er 1995 seine spätere Frau kennenlernte, die Polin Barbara Szlachetka, eine Elektrotechnikerin, begeisterte er auch sie fürs Laufen. In ihrem Debütjahr lief Szlachetka 52 Marathons, das steht bis heute im Guinness-Buch der Rekorde. Sie stellte in den folgenden Jahren Dutzende weitere Bestleistungen ein, unter anderem lief sie einmal 404 Kilometer in 72 Stunden. 2004 wurde bei ihr Darmkrebs diagnostiziert, sie lief während der Chemotherapie 27 weitere Marathons. »Sie hat immer gesagt, sie werde den Krebs besiegen wie eine Konkurrentin beim Sport«, sagt Hottas. Er schweigt eine Weile, dann flüstert er: »Hat sie nicht.«

KILOMETER 38

Michaela Rühmling trägt ein pink-farbenes Laufshirt, auf das hinten ein Bild von ihr und einer anderen Frau gedruckt ist. Am Verpflegungsstand will sie eine Banane haben, aber es gibt keine mehr. Sie läuft weiter. Wer die Frau auf dem T-Shirt sei? Michaela Rühmling deutet neben sich in die Leere. »Das ist Tanja, die läuft hier neben mir.« Da ist niemand. »Doch!« 

Rühmling stellt es sich so vor, dass Tanja sie begleitet, ihre beste Freundin, ihre Retterin. Sie sei kein leichter Mensch, sagt Rühmling. »Immer mache ich Dummheiten.« Sie glaubt, das liege an der Energie, von der sie zu viel in sich trage und die sie vibrieren lasse den ganzen Tag. Bei der Arbeit in der Jugendherberge, wo sie kocht, sei sie neulich auf ein Regal geklettert und runtergesprungen. Ein anderes Mal sei sie auf einem Rollstuhl Skateboard gefahren, da sei sie gestürzt und habe sich den Arm verstaucht. Rühmling ist vierzig Jahre alt, der Chef wollte sie rauswerfen, gab ihr dann aber eine letzte Chance. 

Rühmlings Vater starb, da war sie sieben. »Seitdem bin ich hibbelig«, sagt sie. Ihre Freundin Tanja half ihr. Nahm sie mit zum Laufen, »da kannst du deine Energie loswerden«, sagte sie. Gemeinsam trainierten sie, liefen und liefen und liefen. Seitdem mache sie keine Dummheiten mehr, sagt Michaela. Tanja habe jetzt eine Fußverletzung, aber sie warte hinter dem Ziel auf sie.

KILOMETER 41

Christian Hottas beschleunigt. Er sieht den Besenwagen knapp vor sich. Zieht sich langsam ran, rein in den Windschatten, dann schert er rechts raus und überholt den Kastenwagen. Ein letzter Kilometer bis ins Ziel. Im Wagen schauen sie verdutzt. Sein Po wackelt jetzt fast wie der von Paolo Gino beim Laufen, die Muskeln in der Wade schwellen an bei jedem Schritt. Zweite Luft, hat er oft. Der Zielsprecher ruft ins Mikrofon: »Es steht im Buch der Bücher, die Letzten aber werden die Ersten sein. Hier kommt der Christian Hottas!« Hottas rennt über die Ziellinie, unbeeindruckt, auf den Rängen stehen die Menschen und johlen. Im Ziel sieht er Michaela Rühmling, die ihrer Freundin Tanja um den Hals fällt. Hottas sucht jemanden zum Reden. Ein letzter verächtlicher Blick zum Besenwagen, der nun knapp hinter ihm ins Ziel rollt. Übermorgen, sagt er, fahre er in die Nähe von Breslau, da sei er mit seiner Frau oft gelaufen. Den dortigen Marathon haben sie nach ihr benannt.