Caterina Lobenstein und Stephan Lebert
Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Thema des Jahres 2022
Caterina Lobenstein, Jahrgang 1983, wurde an der Henri-Nannen-Schule zur Journalistin ausgebildet und ging 2014 zur ZEIT. Sie arbeitete als Redakteurin im Wirtschaftsressort und als Korrespondentin im Parlamentsbüro der ZEIT. Schwerpunktthemen: Asylpolitik, Pflege, soziale Gerechtigkeit. Seit 2021 Redakteurin im Dossier der ZEIT.
Stephan Lebert, geboren 1961 in München. Besuch der deutschen Journalistenschule. Seit 1985 viele Jahre bei der Süddeutschen Zeitung, vor allem als Reporter bei der Seite Drei. 1999 Wechsel zum Tagesspiegel in Berlin. Seit 2004 Reporter und Gründer des Investigativressorts bei der ZEIT.
Im Interview
Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Ursprünglich hatten wir mit Karl-Josef Laumann ein längeres Interview geplant: zu seinem Werdegang, zu seiner Arbeit als Sozial- und Gesundheitsminister in der Pandemie. Dann wurde uns klar, dass seine biographischen Erzählungen nicht nur helfen, den Minister Karl-Josef Laumann besser zu verstehen, sondern auch die wankende Volkspartei CDU. Wir beschlossen, Laumann über einen längeren Zeitraum zu begleiten – und erlebten ihn mitten im Niedergang seiner einst so mächtigen Partei. Bis Ende November 2021, also bis kurz vor Beginn der Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden, haben wir Karl-Josef Laumann regelmäßig getroffen: in seinem Heimatdorf, im Gottesdienst, bei Wahlkampfveranstaltungen und anderen Terminen. Außerdem haben wir mit ihm in Düsseldorf und Berlin zwei lange Gespräche geführt – eines vor, eines nach der Bundestagswahl. Im selben Zeitraum haben wir uns in die Geschichte der CDU, der CDA und der katholischen Soziallehre eingelesen, haben Wegbegleiter, Experten und andere Quellen konsultiert, um uns ein möglichst umfassendes Bild von Laumann und seiner Partei zu machen.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Karl-Josef Laumanns politische Kraft speist sich aus seiner sozialen Herkunft und seiner Heimatverbundenheit. Beides sollte deshalb in unserem Text eine wichtige Rolle spielen, beides wollten wir unseren Lesern möglichst anschaulich beschreiben. Laumann war davon nicht begeistert: Politik und Privatleben trenne er strikt, sagte er, er sei „kein Mann für Homestorys“, so etwas habe er in seinen fast 50 Politikerjahren nie gemacht. Laumanns Pressesprecher entgegnete auf die Frage, ob es nicht doch einen Weg geben könnte, das Zuhause und den berüchtigten Schweinestall des Ministers zu besichtigen: „keine Chance“. Es hat einige Wochen und Gespräche gedauert, bis Laumann einwilligte, uns sein Geburtshaus, seine Lieblingskneipe und den Stall zu zeigen.
Wie wurden Sie dabei unterstützt?
Am allermeisten vermutlich von Karl-Josef Laumann selbst: So skeptisch er dem Porträt anfangs gegenüberstand, umso leichter hat er es uns am Ende gemacht: Er hat bei der Autorisierung der Zitate kein einziges Wort geändert.
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Marcus Anhäuser: Dass es gelingt, die komplexe wissenschaftliche Materie verständlich zu machen, Grenzen des Wissens deutlich zu machen, kritisch seine Protagonisten zu hinterfragen, die Relevanz von Problemen einzuordnen und vielleicht auch noch mit einer menschlichen Dimension zu verknüpfen.
Joachim Budde: Ich stimme vollkommen mit Marcus überein und finde darüber hinaus eine gewisse Lösungsorientiertheit wichtig. Journalismus geht über das pure Skandalisieren und Problematisieren hinaus. Und er scheut sich auch nicht davor, komplizierte Themen anzupacken.