Die andere Seite der Medaille
von Johannes Böhme
Nur 28 Soldaten wurden bisher mit dem Tapferkeitsorden der Bundeswehr ausgezeichnet. Sie alle haben in Afghanistan gekämpft. Wir schildern die Geschichten von fünf dieser Soldaten – ihre Erlebnisse zeigen, wie hoch der Preis dieses Einsatzes ist, der nun nach 20 Jahren zu Ende geht.
Magisches Denken fängt mit Symbolen an: mit kleinen Zeichen, die große Wirkung entfalten sollen. Etwa mit der Hoffnung, dass etwas so Winziges wie ein Kreuz aus vergoldetem Metall seinen Träger verwandeln kann. Dass es seinen Schmerz lindert. Dass es ihn mit der Welt und seiner Vergangenheit versöhnt.
Der 6. Juli 2009 war regnerisch und kühl für einen Sommertag in Berlin. Wenige Kilometer vom deutschen Lager in Kundus entfernt starben vier US-Soldaten, als eine Bombe explodierte, und Angela Merkel verlieh die ersten vier Tapferkeitsorden in der Geschichte der Bundesrepublik. Im Foyer des Kanzleramts spielte eine kleine Blaskapelle Händel und Bach, nicht die Nationalhymne. Die Kanzlerin kam in einem grauen Hosenanzug. Er hatte fast den gleichen Farbton wie die Jacken der Fallschirmjäger.
Der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung stand daneben, als die Soldaten das neue Kreuz auf die Brust geheftet bekamen. Einige der Männer lächelten, während Merkel an ihrer Brusttasche nestelte, andere fixierten einen Punkt in der Ferne.
In ihrer Rede ersparte die Kanzlerin dem Publikum die Details. Sie erwähnte nur, dass die vier nach einem Suizid-Anschlag versucht hatten, die Leben mehrerer afghanischer Kinder und Bundeswehrsoldaten zu retten. Dann fügte sie hinzu: »Wir alle, die wir glücklicherweise noch nicht in einer solchen Situation waren, können uns das gar nicht richtig vorstellen.« Und das gilt heute, nachdem 24 weitere Kreuze vergeben wurden, noch immer.
Die einzige Auszeichnung für außergewöhnlichen Mut, die die Bundesrepublik an Soldatinnen und Soldaten vergibt, trägt eine längliche Bezeichnung: Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit. In der Stiftungsurkunde für das Ehrenkreuz steht, dass »die auszuzeichnende Tat weit über das normale Maß der ›Grundtapferkeit‹ hinausgegangen« sein muss. Die Medaille ist je 48 Millimeter lang und breit, ein Balkenkreuz in Gold. Alle 28 verliehenen Auszeichnungen gingen an Afghanistan-Veteranen, allesamt Männer. Die Bundesregierung hatte den Orden geschaffen als Anerkennung für das, was den Soldaten am Hindukusch zugemutet worden war.
Zuletzt waren militärische Tapferkeitsorden in Deutschland im Jahr 1945 vergeben worden, in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, als sowjetische Truppen schon in Berlin standen. Im ganzen Krieg hatten die Nazis wohl mehr als drei Millionen Eiserne Kreuze verliehen, womöglich sogar fast fünf Millionen. Seither hatte es so eine Auszeichnung in Deutschland nicht mehr gegeben.
Zwanzig Jahre lang half die Bundeswehr, die afghanische Regierung gegen die fundamentalistischen Taliban-Gruppen zu verteidigen. Es waren blutige Jahre. Insgesamt starben auf allen Seiten im Konflikt in Afghanistan nach Schätzungen der US-amerikanischen Brown University zwischen 2001 und 2019 mehr als 157 000 Menschen.
In dieser Zeit waren mehr als 100 000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan. Die Mehrheit verbrachte ihre Zeit dort in schwer gesicherten Camps, etwa in der Logistik, Medizin, Küche. Sie bekamen vom Krieg nur einen kleinen Ausschnitt mit. Die Lager wurden hin und wieder beschossen, aber sehr viel gefährlicher war der Krieg für eine relativ kleine Gruppe von einigen Tausend Infanteristen – Jägern, Gebirgsjägern, Fallschirmjägern, Panzergrenadieren, Spezialkräften. Sie trugen die meisten Gefechte aus, sie erlitten die meisten Verwundungen in Sprengfallen und Anschlägen, sie beklagten die meisten der 59 toten deutschen Soldaten – und auf sie entfallen alle Ehrenkreuze für Tapferkeit.
Seit Ende 2014 schickt die Bundeswehr keine eigenen Truppen mehr in Gefechte, sondern konzentriert sich auf die Ausbildung der afghanischen Armee. Danach gab es auch keine Verleihung der Tapferkeitsmedaille mehr. Zurückgeblieben sind die Menschen, die in diesem Krieg gekämpft haben. Die ihre Wunden und ihre Triumphe mit nach Hause genommen haben.
In diesem Text geht es um fünf von ihnen. Sie haben Leben gerettet und genommen. Sie wurden verwundet, am Körper und an der Seele. Sie hatten oft unfassbares Glück und manchmal nicht. Einer ist heute General, einer ist Sportschütze, einer kämpft mit seinem Trauma, einer ruht neben dem Kirchturm in Hermsdorf in der Oberlausitzer Heide, unter der Statue eines Engels.
Der Soldat, der den Krieg verflucht
Engins Hände bewegen sich ohne Unterlass. Er presst sie zusammen, so fest, dass die Knöchel hervortreten. Engin redet so schnell, dass man manchmal das Gefühl hat, er möchte zwei Wörter gleichzeitig sagen, um es schneller hinter sich zu bringen. Seinen Nachnamen will er nicht in der Zeitung haben. Er sitzt im Tarnfleck da, in der Kaserne in Seedorf, Niedersachsen, 60 Kilometer von Bremen, 80 Kilometer von Hamburg entfernt, im schmucklosen Büro der Presseoffizierin.
Engin kam spät zur Bundeswehr, mit 26. Er hatte erst eine Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht, einige Jahre gearbeitet, aber dann kam der alte Traum zurück: Soldat zu sein.
Seine Eltern gehörten zur türkischen Minderheit in Griechenland. Sie wanderten in den Sechzigerjahren nach Löhne aus, Ostwestfalen, 40 000 Einwohner, Deutschlands Küchenhauptstadt, wo vier Küchenhersteller jedes Jahr Zehntausende Möbel herstellen. Der Vater arbeitete als Tischler. Im Urlaub fuhren sie jeden Sommer mit dem Opel Kadett nach Griechenland und in die Türkei.
Engin sah dabei die Soldaten an den Grenzübergängen. Er war fasziniert von den jungen Männern mit ihren Waffen. Das hat ihn nie ganz losgelassen.
Die Eltern waren dann nicht begeistert. Sie verstanden nicht, wieso er seinen sicheren Job als Physiotherapeut aufgeben wollte, um sich aus Flugzeugen zu stürzen. Er ging zu den Fallschirmjägern, denen, die in den Kosovo geschickt wurden und nach Afghanistan, und wurde zum Scharfschützen ausgebildet.
Für die Bundeswehr wurde der Einsatz in Afghanistan 2006, in dem Jahr, in dem Engin Soldat wurde, plötzlich gefährlich. In den ersten Jahren war die Bundeswehr in Kabul noch Patrouillen ohne Helm und Schutzweste gefahren, in ungepanzerten Fahrzeugen. Die Taliban waren Ende 2001 geflohen oder untergetaucht. Die Verbündeten des Westens schienen die Lage im Griff zu haben. Im ersten Jahr hatten die USA lediglich 7000 Soldaten im Land, was völlig ausreichend erschien. Mitte 2006 eskalierte dann der Widerstand gegen die NATO-Truppen. Im Süden des Landes, in den Provinzen Helmand und Kandahar, brach ein Guerillakrieg aus. 139 Suizid-Anschläge, 1677 Attacken mit selbst gebastelten Bomben, 4542 bewaffnete Angriffe zählte die NATO im Jahr 2006.
Während einige Länder wie Kanada, die Niederlande und Frankreich ihre Kampftruppen in den folgenden Jahren abzogen, weitete die Bundeswehr ihren Auftrag aus. Deutsche Einheiten wurden in den Norden des Landes gesandt, nach Masar-i-Scharif, später auch in die Regionen um Kunduz und Baghlan. Viele erwarteten, dass der Norden ruhiger bleiben würde als der Rest des Landes. Aber die Gewalt erreichte die Bundeswehr auch dort.
Als Engin im Juli 2010 mit seiner Kompanie nach Afghanistan geschickt wurde, waren drei Monate zuvor drei Fallschirmjäger aus Seedorf bei einem Gefecht im Ort Isa Khel getötet worden. Während der Vorbereitung auf den Einsatz wurde Engin und den anderen gesagt: Ihr werdet Verluste haben.
In Kunduz, so berichtet Engin es heute weiter, war es heiß und trocken. Gleich bei der ersten Patrouille wurden sie beschossen. Das Land war fremd und doch manchmal merkwürdig vertraut. Engin verstand mit seinem Türkisch viel von dem, was die Usbeken auf den Märkten sagten. Er hatte geahnt, dass es hart werden würde. Aber nicht das.
Zwei Tage lang verteidigte er mit seinem Scharfschützenpartner und ein paar Kat kauenden afghanischen Polizisten einen kleinen Außenposten der Polizei vor Angriffen der Taliban. Wenn die Situation zu brenzlig wurde, kamen einige deutsche Soldaten zur Unterstützung. »Ich hatte Angst, da zu krepieren«, sagt Engin heute. »Ich habe meine Helmkamera gar nicht erst angeschaltet, weil ich dachte, ich filme vielleicht meinen eigenen Tod.«
Er sagt, er stand wenige Meter entfernt, als sich am 7. Oktober 2010 ein Jugendlicher am Eingang ihrer Stellung in die Luft sprengte und den Fallschirmjäger-Sanitäter Florian Pauli tötete. Engin hörte den Jungen noch nach dem Übersetzer fragen, auf Usbekisch, Tercüman asker, »Übersetzungssoldat«, dann der Knall. »Wir waren nur 15 Mann da. Der Sanitäter war tot, drei waren leicht verwundet, einer schwer, einer hatte was in die Augen bekommen.« Engin versorgte den Schwerverletzten mehr als eine Stunde lang, bis der Rettungshelikopter kam, während der Trupp ohne Unterlass beschossen wurde.
Später ging auf der Suche nach verdeckten Sprengfallen direkt neben Engins Fahrzeug eine Straßenbombe hoch. Engin lag zu dem Zeitpunkt ungeschützt oben auf einem Fuchs- Panzer, wo er mit seinem Gewehr den anderen Deckung geben sollte. Er wurde aus zwei Metern Höhe hinuntergeschleudert. »Meine ganze rechte Körperhälfte schwarz. Überall waren kleine Löcher in der Haut. Ich hatte Angst, dass ein Splitter in die Lunge durchgegangen ist.« Er blieb nahezu unverletzt.
Nach der Explosion der Straßenbombe hatte der deutsche Maschinengewehr-Schütze in Angst seine Waffe verlassen. Sie standen ungeschützt auf offener Fläche. Engin ging trotz seiner Verbrennungen ans Maschinengewehr und hielt die Stellung. Hierfür bekam er später das Ehrenkreuz für Tapferkeit.
Engin erzählt, dass er sich selbst damals in Gefechten manchmal zehn Sekunden gab, um das Gefühl der Angst zuzulassen. Er duckte sich dann kurz weg, hielt inne. Dann sei er wieder aufgestanden und habe weitergekämpft. »Ich habe damals gelernt, diese Gefühle zu unterdrücken. Ich habe Angst, Ekel, Hass, Hilflosigkeit einfach nicht mehr zugelassen. Ich habe funktioniert, oft sehr gut.« Er versteht die Auszeichnung bis heute als etwas, das er bekommen hat für »all die Scheiße, die mir passiert ist«. Es ist ein Orden für jene extreme Form der Belastbarkeit, von der niemand vorher wissen kann, ob er sie in sich trägt oder nicht.
Als er zurück in Deutschland war, begleitete ihn zunächst nur das Piepen im Ohr, der Tinnitus, der von der Bombe des Suizid-Attentäters zurückgeblieben war. Das Piepen ist noch heute da. Im Gespräch wird es immer lauter, so erzählt er es, je länger er von Afghanistan erzählt. »Ich habe seit fast elf Jahren keinen ruhigen Augenblick mehr gehabt«, sagt er.
Fünf Jahre nach seiner Rückkehr kamen die unterdrückten Gefühle hoch. »Alles, was ich tief in mir drinnen verschlossen hatte: Wut, Todesangst, Verzweiflung.« Oft dauere es bis zum Morgengrauen, bis er einschlafe. Aber in Deutschland, sagt Engin, verstehen die Menschen nicht, was mit ihm los ist. »Ich stand irgendwann an der Kasse bei Aldi und hatte Angst, dass ich gleich dort sterbe. Mein Verstand hat mir natürlich gesagt: Du musst einfach gleich 9,99 Euro zahlen. Das Gefühl passte überhaupt nicht dahin.«
Sechs Jahre nach seiner Rückkehr fuhr er auf einer Landstraße gegen einen Baum. Er sagt, er erinnere sich nicht einmal mehr daran, ins Auto gestiegen zu sein. Er glaubt, dass er einen Flashback hatte, eine plötzliche Erinnerung, in der er das Gefühl hatte, wieder in Afghanistan zu sein. Den Polizisten, die ihn aus dem Auto zogen, erschien er verwirrt. Im Krankenhaus fragte er wieder und wieder nach seinem Gewehr. Er überlebte mit einem zertrümmerten Becken, acht gebrochenen Rippen, einem gebrochenen Lendenwirbel, einer gebrochenen Nase, einem Riss in der Milz und einem Bluterguss im Herzmuskel.
Es wurde für Engin immer schwerer, einen normalen Alltag aufrechtzuerhalten. Er war vergesslich und reizbar. Andere Soldaten schickten ihn schließlich zum Truppenpsychologen. Der wusste ziemlich schnell, was los ist. Engin ist nicht der Erste in der Fallschirmjägerkaserne mit posttraumatischer Belastungsstörung.
Engin ist bei der Bundeswehr geblieben. Die Menschen in der Fallschirmjägerkaserne sind für ihn zu einem wichtigen Rückhalt geworden. Es ist für die nächsten Jahre ein sicherer Job. Er kann sich inzwischen, nach 15 Jahren bei der Bundeswehr, auch kaum etwas anderes vorstellen. »Das, was ich hier erfahren habe, geht über Kameradschaft weit hinaus. Das grenzt an Nächstenliebe.«
Seine Tätigkeit als Ausbilder kann er inzwischen nicht mehr ausüben. Stattdessen hilft er nun regelmäßig als Physiotherapeut bei den Sanitätern aus: Er bringt Wärmetapes an und macht Übungen mit Soldaten, die sich beim Sport verletzt haben.
Zugleich kämpft Engin seit vier Jahren mit dem Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr in Düsseldorf. Dort wird entschieden, wie stark seine Krankheit bei der Arbeit berücksichtigt wird. Eine Einsatzschädigung berechnet die Bundeswehr in Prozenten. Es klingt dann so, als würde über ein kaputtes Flugzeugtriebwerk gesprochen. Tatsächlich geht es darum zu bestimmen, wie belastbar ein Soldat noch ist und welche seiner Einschränkungen auf den Kriegseinsatz zurückgehen. In Engins Fall wurde diese Entscheidung »nach Aktenlage« getroffen, wie er sagt, ohne dass er dafür ärztlich noch mal genau untersucht worden wäre.
Vor zwei Jahren hat Engin erstmals Einspruch eingelegt, weil die Bundeswehr-Bürokratie ihn für gesünder hält, als er ist – zumindest sehen er und die Ärzte, die ihn bisher behandelt haben, das so. Vor fünf Monaten wurde ihm endlich angekündigt, er werde bald einen Termin mit einem Arzt bekommen. Aber er wartet bis heute darauf. Inzwischen hat er sich einen Anwalt genommen, der ihm vom Deutschen Bundeswehrverband gestellt wurde.
Nach einem Krieg leiden einige Soldaten sehr, andere scheint es kaum zu belasten. Warum? Mit Mut und Feigheit hat es nichts zu tun. Es gibt Soldaten, die im Einsatz keinen Moment der Schwäche gezeigt haben und hinterher dennoch zusammengebrochen sind. Entscheidender scheint stattdessen zu sein, wie die Gewalt wahrgenommen wurde.
In der Bundeswehr wird über Gewalt oft in Abstraktionen gesprochen. Wenn geschossen wurde, sagen Soldaten zum Beispiel, dass »auf den Feind gewirkt« wurde. (Im offiziellen Glossar der Bundeswehr heißt es: »Das Schießen mit der Waffe wird allgemein als Wirken bezeichnet, da es eine bestimmte Wirkung im Ziel erreicht.«) Manchen Soldatinnen und Soldaten gelingt es ziemlich gut, die Grausamkeit des Krieges nicht an sich heranzulassen. Bei Engin hat man dagegen den Eindruck, dass die Euphemismen nie verfangen haben.
Auf die Frage, wie er es erlebt habe, auf Menschen zu schießen, wird er das einzige Mal im Gespräch richtig wütend: »Ich werde das so oft gefragt, und ich empfinde das inzwischen als Frechheit. Das waren keine Kaninchen oder Rehe, das waren Menschen auf der anderen Seite, mit Ängsten, Träumen und Gefühlen. Ich weiß, dass ich in Afghanistan einigen Menschen großes Leid zugefügt habe. Damit muss ich leben.«
Selbst über den Attentäter, dessen Anschlag er knapp überlebt hat, sagt er: »Das war ein Junge. Der war noch nicht einmal im Stimmbruch, zwölf Jahre alt vielleicht. Der ist an dem Tag mitgestorben. Das darf man nie vergessen.«
Es gibt viele Formen des Mutes. Eine besteht vielleicht darin, die Beschönigungen nicht zu akzeptieren, die andere einem vorsetzen.
»Krieg ist richtig scheiße«, sagt Engin. »Was wir Menschen uns gegenseitig antun, ist einfach unglaublich. Ich habe mir das vorher nicht vorstellen können.«
Der Soldat, der ein Kind retten konnte und sechs nicht
Es war noch dunkel, als 160 deutsche Fallschirmjäger am 20. Oktober 2008 ihr Lager in Kunduz verließen. In der Morgendämmerung errichteten die Soldaten Checkpoints außerhalb des Dorfes Haji Amanullah. Sie sollten die Zufahrtsstraßen sperren, während die afghanische Armee nach Sprengstoff suchte.
Niemand hatte daran gedacht, dass Markttag war. Als die Sonne aufging, erschienen Hunderte von Menschen auf der Straße, die Obst, Gemüse und andere Waren trugen. Die Deutschen hielten sie anfangs auf. Aber die Dorfbewohner wurden immer frustrierter, als man sie stundenlang zurückhielt. Der Sicherheitsabstand zu ihrem Fuchs-Panzer schrumpfte, bis die Menschen direkt an den Fahrzeugen standen.
Es war Mittag, als Jan Berges den Knall hörte. Er spürte die Druckwelle, dann sah er die Staubwolke einige Hundert Meter entfernt dort, wo vier Bundeswehrsoldaten ihren Mungo, ein gepanzertes Transportfahrzeug, geparkt hatten. »Zwei unserer Männer kamen uns auf der Straße entgegen, einer von ihnen taub von der Explosion, der andere mit Schnitten im ganzen Gesicht«, erzählt Berges heute. »Vor dem Fahrzeug sahen wir Körper liegen. Sieben afghanische Kinder und einen von uns.«
Der deutsche Soldat am Boden hieß Patrick Behlke, ein junger Stabsunteroffizier, mit dem Berges einige Jahre zuvor mit einer Gruppe Soldaten im Skiurlaub gewesen war. Eng befreundet waren sie nicht, aber sie kannten sich gut. Behlke ist ehemaliger brandenburgischer Jugendmeister im Mountainbiken, ein Ausdauersportler, der auch Marathons lief und an 100-Kilometer-Märschen teilnahm. »Wir sahen, dass er sich noch bewegte. Zumindest haben wir uns das hinterher eingeredet«, sagt Berges. Der Mungo explodierte alle paar Sekunden aufs Neue. »Wir haben das zunächst gar nicht verstanden«, sagt Berges. Im Inneren des Transportfahrzeugs gingen deutsche Splittergranaten, ihre eigene Munition, in die Luft.
Berges und die anderen konnten sich nur langsam hinter einem gepanzerten Fahrzeug nähern. Sie bargen erst die Kinder. Fünf der Kinder waren schon tot. Behlke, der verwundete Soldat, lag am dichtesten neben dem Fahrzeug. Er war am schwersten zu erreichen. Als Berges und ein weiterer Soldat versuchten, zu ihm zu laufen, wurden sie von der Wucht der Explosionen von den Füßen gefegt und in einen Graben geschleudert. »Wir lagen da, haben uns angeschaut, uns gefragt, ob wir das jetzt wirklich machen wollen. Dann sind wir wieder aufgestanden und losgerannt.«
Beim zweiten Mal packten sie ihn an den Armen und zogen ihn in den Graben am Straßenrand. »Er hat noch zwei Mal geatmet, und dann war es vorbei«, sagt Jan Berges. Behlke war tot.
Als Nächstes versuchte Berges, eines der zwei lebenden Kinder zu retten, einen kleinen Jungen, vielleicht vier oder fünf Jahre alt. Aber in seinem Medizinbesteck war alles zu groß: die Schläuche, die Spritzen, die Morphiumportionen. Berges wollte die Atemwege des blutenden Kindes freihalten, indem er ihm einen Guedel-Tubus, ein hartes Plastikrohr, in den Rachen schob. Auch der passte nicht. Er gab dem Jungen eine kleine Menge Schmerzmittel. Kurz darauf starb er in seinen Armen. Am Ende war die einzige Überlebende ein afghanisches Mädchen, die ältere Schwester des toten Jungen. Berges schätzte sie auf etwa sechs Jahre. Ein Hubschrauber flog sie ins Bundeswehrlazarett. Sie überlebte mit schweren Knochenbrüchen.
Bei der Ehrung, acht Monate später, sah Jan Berges sehr jung aus neben den anderen Soldaten. Der Ausgeh-Anzug saß etwas weit, die Hose schlackerte locker um seine Beine, als Angela Merkel ihm die Medaille an der Brusttasche befestigte. Er überragte sie um einen Kopf. Die Kanzlerin führte ihn und die anderen selbst durchs Kanzleramt. Sie zeigte ihnen ihr Büro, trank ein Glas Sekt mit ihnen, machte Small Talk. »Die war wirklich nett«, sagt Berges. »Die Auszeichnung war mir am Ende trotzdem egal. Als Held habe ich mich sicher nicht gefühlt.«
Berges war in herumfliegendes Granatenschrapnell gesprungen. Er hatte sein Leben für andere riskiert. Er und die anderen hatten einem Mädchen das Leben gerettet. Aber so viel an diesem Tag war auch vergeblich gewesen. Patrick Behlke war gestorben, ebenso wie ein weiterer Bundeswehrsoldat, Roman Schmidt, der im selben Wagen gesessen hatte. Sechs Kinder hatten ihr Leben verloren. Und selbst die Geschichte des Mädchens, das überlebte, war mit komplizierten Gefühlen verbunden. Als Berges und die anderen danach das Mädchen im Krankenhaus besuchten, um ihr einen Teddybär zu bringen, traf er ihre Eltern an. Die waren nicht etwa dankbar, dass ihre Tochter gerettet war, sondern wütend, weil ihre Kinder durch die Bundeswehr zum Ziel geworden waren. Berges erinnert sich daran, dass sie sogar versuchten, eine Entschädigung von den Deutschen einzufordern.
Im entscheidenden Moment hatte Berges, so erzählt er es, kaum Zeit, Angst zu spüren. »Dieser kleine Moment, in dem man sich entscheidet aufzuspringen, ist ja schon die ganze Tat«, sagt er. »In wenigen Sekunden ist alles vorbei.«
Treffen mit Berges auf einem kleinen Flugplatz im Saarland, er ist ein großer Mann mit hellen blauen Augen. Es strengt ihn merklich an, sich jene Erlebnisse wieder ins Gedächtnis zu rufen. An den Namen des Mädchens erinnert er sich zum Beispiel nur noch vage. Er meint, dass sie Amina hieß.
Berges ist immer noch bei den Fallschirmjägern. Eigentlich soll er an diesem Tag noch aus einem Flugzeug springen. Aber das Wetter ist schlecht, und das Flugzeug steht am Mittag immer noch in Magdeburg. Die Soldaten standen den ganzen Vormittag lang im Nieselregen auf dem Flughafen. Sie haben viel geraucht, literweise Kaffee getrunken, aber nach fünf Stunden ist klar, dass an diesem Tag niemand mehr springen wird.
Soldaten verbringen viel Zeit mit Warten. Sie sind leere, ausgedehnte, unausgefüllte Stunden gewohnt. Und dann geht manchmal alles so schnell, dass es hinterher schwer greif bar ist.
Der Soldat, der befahl anzugreifen
Nur ein hoher Offizier hat das Ehrenkreuz für Tapferkeit bisher erhalten. Jared Sembritzki war Oberstleutnant, als er es bekam. Heute ist er Brigadegeneral. Er hat 2000 Menschen unter sich.
Beim Ehrenkreuz für Tapferkeit war von Anfang an klar, dass es irgendwann auch um das militärische Kerngeschäft gehen würde: angreifen, verwunden, töten. Und es gab von Anfang an die Befürchtung, dass sich durch diese Ästhetisierung des Krieges etwas fundamental verschieben würde. Sembritzki schien dann diese Vorbehalte zu bestätigen. Seine Auszeichnung ist die umstrittenste der vergangenen zwölf Jahre.
Im Sommer 2010 war er Kommandeur der Quick Reaction Force 5 in der Provinz Baghlan, im Norden von Afghanistan. Sembritzki befehligte 500 Soldaten, vor allem Gebirgsjäger und 50 Panzergrenadiere. Sie gehörten zum kleinen Kreis jener deutschen Truppen, die sich dauerhaft außerhalb eines befestigten Lagers bewegten. Sie lebten vier Monate lang in einem kleinen Außenposten in der Nähe des Baghlan-Flusses auf einem Hügel, wo sie ihre Fahrzeuge als Wagenburg aufstellten und Schützengräben aushoben.
Jared Sembritzki ist unter hohen deutschen Offizieren eine seltene Erscheinung. Einer, der mit seinen Soldaten auf Luftmatratzen unter Zeltplanen schläft, wochenlang Ein-Mann-Packungen mit Fertignahrung isst, sich in Campingduschen vor aller Augen wäscht, mit seinen Soldaten Patrouille fährt und sich beschießen lässt. Und der so freimütig und so kalt über das Töten spricht. Der General ist ein groß gewachsener Mann, schmale Lippen, kantiges Kinn. Er ist gerade von der Bundeswehr an die US-Armee in Wiesbaden abgestellt, wo er als Stabschef für den Oberkommandeur der US-Streitkräfte in Europa und Afrika arbeitet. Es ist einer der prestigeträchtigsten Posten, die die Bundeswehr zu vergeben hat.
Sembritzki ist ein beliebter Kommandeur. Er hat einen Instagram-Account, auf dem ihm Soldaten aus dem Afghanistan-Einsatz immer wieder Nachrichten hinterlassen. Unter dem Foto eines brennenden Fahrzeugs auf einer afghanischen Landstraße schrieben ihm gleich mehrere: »Herr General, mit Ihnen jederzeit wieder«, oder: »Herr General, es war mir eine Ehre!«
Als Sembritzki mit seinen Truppen in Baghlan ankam, war kurz zuvor eine kleine Gruppe von ehemaligen islamistischen Kämpfern auf die Seite der afghanischen Regierung übergelaufen. Überläufer waren selten, und die NATO wollte weitere Deserteure ermutigen. Sembritzki sollte mit den Abtrünnigen zusammenarbeiten. Sie hatten zur Gruppe des Warlords Gulbuddin Hekmatyar gehört. »Das waren letztlich Verbrecher, ziemlich finstere Gestalten«, sagt Sembritzki über die Überläufer. »Die hatten die Leute da erpresst und ihnen Schutzgeld abgenommen. Aber ich war auch ziemlich froh, dass die nicht meine Feinde waren.«
Sembritzki sollte die Überläufer vor Racheakten schützen. Er beließ deutsche Truppen im Dorf Shahabuddin, wo die Überläufer zu Hause waren. Er half ihnen, eine Art Festung zu bauen, mit Schutzwällen und Wachtürmen. Lange Zeit passierte wenig. Die Deutschen zogen wieder ab.
»Ich lag schon im Bett, als der Anruf kam, dass die angegriffen werden«, sagt Sembritzki. Die deutschen Soldaten sahen von ihrem Hügel aus, wie zehn Kilometer entfernt gekämpft wurde. Aber sie kamen nicht hin. »Die hatten die einzige Brücke gesprengt und den ganzen Weg dorthin mit Straßenbomben gespickt«, sagt Sembritzki. Eine Zeit lang kamen noch Textnachrichten an, dann wurde es still. Sembritzki ahnte, dass in Shahabuddin niemand mehr am Leben war.
In diesem Moment entschied sich Sembritzki, etwas zu tun, das kein Vorgesetzter ihm befohlen hatte und das seine afghanischen Verbündeten von der offiziellen afghanischen Nationalarmee für sinnlos hielten: Er ließ angreifen, mit allen Soldaten, die er auf bringen konnte, mit Schützenpanzern, Fliegerbomben und Mörsern.
Auf dem Weg nach Shahabuddin kamen den Deutschen bereits afghanische Familien entgegen, die nicht zwischen die Fronten geraten wollten. Sie trugen ihr Hab und Gut auf Karren mit sich, all ihr Vieh, ihre Kühe und Ziegen, führten sie davon.
Die Gefechte dauerten drei Tage. Die Taliban hatten sich in befestigten Stellungen eingegraben. Sie verteidigten sich erbittert. Zwischendurch gerieten selbst die Schützenpanzer in derart heftiges Feuer, dass sie nicht mehr weiterkamen. Sembritzki gab den Abwurf einer 2000-Pfund-Bombe von einem US- Jet frei. »Da zitterte die Erde, man spürte den Druck am ganzen Körper, und dann ging eine riesige Staubwolke hoch, die den ganzen Tag über dem Tal hing. Danach war absolute Stille«, sagt Sembritzki. »Man hatte das Gefühl, dass selbst die Vögel aufgehört hatten zu singen.«
Die NATO hat in Afghanistan prinzipiell die getöteten feindlichen Kämpfer nicht gezählt. Auch nach diesem deutschen Angriff nicht. Sembritzki schätzt dennoch, dass sie eine »mittlere bis hohe zweistellige Zahl Aufständischer« getötet haben.
Als die ersten deutschen Truppen in Shahabuddin ankamen, sahen sie überall die Leichen der Überläufer liegen. »Die Taliban haben die abgeschlachtet«, sagt Sembritzki. Unter den Toten war auch der Kommandeur, mit dem Sembritzki wenige Tage zuvor Tee getrunken hatte. Sembritzki zeigt das Foto von dessen Leiche inzwischen in seiner Powerpoint-Präsentation über den Afghanistan-Einsatz, die er manchmal vor anderen Offizieren hält. »Der sieht übel aus, aber man erkennt ihn.«
Unter den deutschen Gebirgsjägern gab es damals während des ganzen Einsatzes mit Sembritzki keine Toten, nur einige Leichtverletzte. Dass er alle lebendig nach Hause gebracht hat, wird Sembritzki bis heute hoch angerechnet. Auch wenn es teilweise großes Glück war. In der Kaserne in Bad Reichenhall kann man heute den Helm von Valeri Müller bestaunen, der ein Loch hat, groß wie ein Mantelknopf. Müller war aus nächster Nähe in den Kopf geschossen worden. Die Kugel ging einmal durch seinen Helm durch, verbrannte seine Haare und trat auf der anderen Seite wieder aus. Müller stand sofort wieder auf und erschoss die Angreifer, wofür auch er später das Ehrenkreuz für Tapferkeit erhielt.
Seinen umstrittensten Befehl gab Jared Sembritzki am Tag, nachdem die Bundeswehr Shahabuddin zurückerobert hatte. Als die Eindrücke der vorigen Tage noch frisch in den Köpfen waren. Auf einem Feld entdeckten seine Soldaten zwei Männer, die Funksprüche absetzten. Sembritzki sagt, dass die gleichen Funksignale über Wochen hinweg immer wieder vor und bei Angriffen entdeckt worden waren.
Er erkannte die Männer nur als Punkte auf einem Monitor, durch die Überwachungsbilder einer Drohne. Waffen konnten die Bundeswehrsoldaten auf den unscharfen Bildern nicht entdecken. Sembritzki ließ sie drei Mal mit Mörsern beschießen. Die Geschosse gingen laut Sembritzki fast einen Kilometer daneben. »Meine Mörserschützen haben da das erste Mal im ganzen Einsatz scharf schießen dürfen, nicht nur mit Leuchtspurmunition, und das ging komplett daneben«, sagt Sembritzki. »Ich war stocksauer.« Hinterher sagten sowohl eine Rechtsberaterin als auch die Luftleitoffiziere der Bundeswehr, sie hätten Sembritzki von dem Angriff abgeraten, weil sie zivile Opfer befürchtet hätten.
Monate später prüfte der Generalbundesanwalt ein Verfahren gegen Sembritzki wegen Kriegsverbrechen. »Meine damalige Frau saß weinend im Bett, als der Brief aus Karlsruhe ankam«, sagt Sembritzki. Auch das ARD-Magazin Fakt und die Berliner Zeitung Tagesspiegel berichteten über Sembritzki. In der Öffentlichkeit entstand schnell das Bild eines Offiziers, der sich im Einsatz irgendwann nicht mehr um Regeln scherte.
Die Juristen in Karlsruhe sahen nicht einmal einen Anfangsverdacht. Die zwei Personen, die auf dem Feld gefunkt hatten, seien »legitime militärische Ziele« gewesen, heißt es in einem Schreiben der Generalbundesanwaltschaft vom 16. Januar 2012. Es hätten sich auch keine Häuser in der Nähe befunden, die Sembritzki mit dem Beschuss in Gefahr gebracht habe, wie es etwa im Tagesspiegel berichtet worden war. Es gebe keine Hinweise darauf, dass überhaupt jemand zu Schaden gekommen sei.
Im September 2011 bekam Jared Sembritzki durch den damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maizière das Ehrenkreuz für Tapferkeit verliehen, für »Mut, Führungskönnen, Entschlusskraft« und den »selbstlosen Einsatz im Angesicht des Feindes«, wie de Maizière sagte. Omid Nouripour, der Verteidigungsexperte der Grünen im Bundestag, sagte danach im Tagesspiegel, die Auszeichnung für Sembritzki sei »ein fatales Signal« – jemand, der sich derart über Einsatzregeln hinwegsetze, dürfte nicht belohnt werden. Der General selbst sagt, dass er das allermeiste genauso wieder machen würde. Die Auszeichnung versteht er als »Bestätigung, dass wir in Baghlan das Richtige getan haben«.
Es verschob sich damals etwas im deutschen Verhältnis zur Gewalt: Sie war nicht mehr nur ein notwendiges Übel. Wenn deutsche Soldaten angriffen und töteten, konnte das nun explizit ein Anlass für Auszeichnungen und öffentliche Ehrungen sein.
In ihrem großen pazifistischen Essay Drei Guineen schreibt die britische Schriftstellerin Virginia Woolf, dass das »Zurschaustellen von Wert irgendeiner Art« mithilfe von »Metallstückchen, Bändern, farbigen Überwürfen oder Talaren« eine Barbarei sei, die nur dazu diene, »junge Männer durch ihre Eitelkeit dazu zu verlocken, Soldaten zu werden«. Sie glaubte, der Hang zur Kriegstreiberei könne nur überwunden werden, wenn man die speziell männliche Ästhetisierung des Kämpfens verweigere.
Obwohl es ihm an Selbstvertrauen nicht mangelt, sagt Sembritzki, er tue sich schwer damit, als Einzelner hervorgehoben zu werden. »Ich wurde letztlich ausgezeichnet dafür, dass meine Truppe so gut gekämpft hat. Das habe ich ja nicht alleine gemacht.«
Die Monate in Baghlan sind heute für Sembritzki anscheinend weit weg. Er hat eine anstrengende Aufgabe, die er vor allem vom Schreibtisch aus erledigt. Alle Informationen für den US-amerikanischen Europa- Kommandeur laufen bei ihm zusammen. Wenn Hubschrauber vom Balkan ins Baltikum verlegt werden, muss Sembritzki sich genauso darum kümmern wie um Großübungen mit Tausenden Soldaten.
Sobald er über den Afghanistaneinsatz in Baghlan redet, schleicht sich manchmal etwas ein, das nach Sehnsucht klingt. »Ich habe da ein hohes Maß an Freiheit, Selbstständigkeit und Verantwortung empfunden«, sagt er. »Ich konnte meine eigenen Entscheidungen treffen. Die ganzen Neunmalklugen, die waren in Baghlan weit weg.« Es falle ihm letztlich schwer, den ganzen Tag im Büro zu sitzen. «Ich bin hier lebendig begraben«, sagt Sembritzki.
Der Soldat, der jetzt auf Scheiben schießt
Der Raum des Schützenvereins Etzhorn in Oldenburg ist ungeheizt, der Betonboden kalt, die Lichter ausgeschaltet, das Vereinslokal leer. Es ist ein eisiger Januartag, man sieht den Atem in der Halle. Tim Focken ist der Einzige hier. Der Schützenverein ist wegen der Pandemie geschlossen. Nur er kommt seit Monaten jeden Tag für einige Stunden, um mit dem Kleinkalibergewehr zu schießen.
Der Lauf braucht 15 Schuss, bis er die richtige Temperatur hat. Man sieht die Einschüsse mit bloßem Auge nicht. Das Ziel ist 50 Meter entfernt, ein schwarzer Punkt, groß wie eine Handfläche. Nur über einen Computer erkennt Focken, wie genau er getroffen hat.
Beim Sportschießen geht es darum, 60 Schuss innerhalb von 60 Minuten in dasselbe Ziel zu setzen. Es hat eine Monotonie, einen eigenen, langsamen Rhythmus. Man scheitert dabei immer etwas an sich selbst, am Schwanken und Zittern des Körpers und an den Gedanken im Kopf.
Focken bereitet sich seit sieben Jahren auf die Paralympischen Spiele vor. Er hat diesem Ziel alles untergeordnet, war in den vergangenen Jahren oft 270 Tage im Jahr unterwegs, hat die Einschulung seines Sohnes verpasst, die Geburtstage seiner Tochter, aber dann wurden die Spiele in Tokio um ein Jahr auf August und September 2021 verschoben, und so trainiert er hier noch immer.
Das filigrane, metallene Sportgewehr ruht auf einer Metallfeder auf dem Tisch. Seinen linken Arm kann Focken nur noch zu 30 Grad vom Körper abspreizen. Sein Schultergelenk wurde von den Chirurgen im Bundeswehrkrankenhaus so gut es ging mit zwei Platten und 16 Schrauben wieder zusammengesetzt, nachdem die Kugel es zertrümmert hatte.
Focken erinnert sich an den Tag seiner Verwundung nur in Bruchstücken. Er weiß, dass er auf einem Hausdach lag, in einem Dorf im Distrikt Char Darah nahe Kunduz. Dass sie angegriffen wurden, dass Kugeln und Panzerfäuste aus drei Richtungen kamen. Irgendwann robbte er weiter nach vorn auf dem Dach, um besser sehen zu können. In der Ferne glaubte er eine Bewegung zu erkennen. Dann spürte er etwas, das sich anfühlte wie ein Starkstromschlag. Er versuchte, die Leiter hinunterzuklettern, aber der linke Arm bewegte sich nicht mehr. Hier setzt seine Erinnerung kurz aus.
Als er wieder zu sich kam, waren die Schmerzen unerträglich. Der Sanitäter brauchte mehrere Versuche, bis er endlich den Autoinjektor mit Morphium durch die reißfeste Hose gejagt hatte. Die Kugel des Scharfschützen war vorn in Tim Fockens Schulter eingedrungen. Sie steckte intakt zwischen den Platten seiner Kevlar-Weste, hinter seinem zertrümmerten Schulterblatt. Hätte der Schütze wenige Zentimeter weiter links getroffen, wäre es vorbei gewesen.
Niemand weiß besser als Focken, was für eine Nuance sein Leben rettete, eine Verschiebung des Körpers beim Atmen vielleicht, ein leichtes Zittern des Schützen, ein Windstoß aus den Bergen oder vom Fluss.
Der Schmerz, sagt Focken, war kaum auszuhalten. Aber er bestand darauf, selbst zum Rettungshubschrauber zu laufen. Als sie losrannten, knallte es überall. Er fühlte sich schutzlos ohne sein Gewehr. Dann hörte er die Rotoren hoch über sich in der Luft. Der Hubschrauber setzte zum Landen an, setzte kurz auf dem Boden auf und musste dann wieder abdrehen, als eine Panzerfaust direkt in der Nähe explodierte.
Focken lag danach in einem ausgetrockneten Graben neben einem Sanitäter, wie lange, weiß er nicht mehr. Direkt neben ihm deutsche Soldaten, die aus allen Rohren feuerten. »Ich dachte: Hier sterbe ich also. In dem Moment bin ich gedanklich komplett weggetreten. Ich war auf einmal bei meiner Frau und meinem wenige Monate alten Sohn. Es war alles so unwirklich.«
Als der Helikopter doch noch landete, weigerte sich Focken, sich tragen zu lassen. »Ich hatte das Gefühl, komplett versagt zu haben. In dem Moment wollte ich bloß niemandem mehr zur Last fallen.« Er sprintete selbst hin. Der Helikopter schoss nach oben, presste ihn in den Sitz. Durchs Fenster sah er den Rauch und die Explosionen am Boden. Er spürte, sagt er heute, keine Erleichterung.
Er wurde nach Koblenz geflogen, kaum 17 Stunden nach seiner Verwundung lag er auf dem Operationstisch. »Ich bin nach der OP benebelt aufgewacht, habe aus dem Fenster geschaut und gesehen: Ich bin wieder in Deutschland. Ich bin in Sicherheit. Und dann kam dieses Gefühl, wie so ein Schauer im Nacken. Schuldgefühle.«
Er glaubt bis heute, dass er die anderen im Stich ließ, als er sich zu weit aus der Deckung wagte. Er hielt das lange Zeit für einen kaum verzeihlichen Fehler. Denn Focken wusste ab der Sekunde seiner Verwundung, dass sich nun andere Menschen in Lebensgefahr begeben würden, um ihn zu retten: diejenigen, die ihn vom Dach hievten, die Sanitäter, die ihn beim Laufen stützten, die Helikopterpiloten, die im Kugelhagel landen mussten.
Focken sagt, er sei immer Perfektionist gewesen. Er dachte, dass ihm so etwas nicht passieren könnte. Dass er jede Situation kontrollieren könnte. Diese Illusion war plötzlich zerstoben.
Als ihm einige Monate später mitgeteilt wurde, dass er das Ehrenkreuz für Tapferkeit bekommen sollte, für seinen Mut und seine Selbstkontrolle an jenem Tag, war sein erster Impuls, es abzulehnen. »Ich konnte damit nicht umgehen«, sagt er. »Ich habe mich ja überhaupt nicht als Held gefühlt.« Er fuhr nach Seedorf, jenen Ort zwischen Bremen und Hamburg, wo die Fallschirmjäger-Kaserne liegt, und fragte jene, die am Tag seiner Verwundung dabei gewesen waren, einzeln um Erlaubnis. Erst als sie ihm ihren Segen gegeben hatten, nahm er die Medaille an.
Focken hat durch Zufall zum Sportschießen gefunden, bei einem Sportwettbewerb für verwundete Veteranen. Schnell sahen die Trainer, dass er talentiert war. Er wurde Sportsoldat. Focken ist weiter angestellt bei der Bundeswehr, führt aber das Leben eines Spitzensportlers. Innerhalb kürzester Zeit stieß er zur Weltspitze vor, errang bei der Weltmeisterschaft den vierten Platz. Er hat viele Interviews gegeben, über seinen Sport, seinen Traum von Tokio, seine Verwundung. Aber nie hat er dabei über den Orden gesprochen.
Ende Mai 2021 fährt Focken zu den Qualifikationswettkämpfen für die Paralympischen Spiele in Tokio. Er hat zwei schlechte Tage. Im entscheidenden Durchgang ist er so nah dran, dass er sein Scheitern selbst kaum fassen kann. Wäre nur eine einzige Kugel drei Millimeter dichter an der Mitte des Zielspiegels gelandet, hätte es gereicht.
Mehrere Wochen lang weiß er nichts mit sich anzufangen. Er sagt, dass er tagelang nur in seinem Garten gestanden und vor sich hin gestarrt hat. Er fragt sich, ob es vielleicht doch etwas mit dem Einsatz zu tun hat, dass er im entscheidenden Moment versagte.
Dann, Mitte Juni, gibt es noch einen letzten Wettkampf, in dem einer seiner Kollegen einen extra Startplatz für das deutsche Team ergattern kann. Der Wettkampf findet in Lima statt. Focken trinkt drei Bier und schafft es vor Nervosität nicht, den Livestream zu gucken. Um 23.30 Uhr schaut er auf sein Handy. Er fährt doch nach Tokio.
Der Soldat, der keine Chance hatte
Es ist niemand zu sehen in Hermsdorf, Brandenburg. Das Dorf liegt geisterhaft in der Abendsonne. Neben der Kirche grasen Kühe auf einem Feld. Der Raps steht gelb auf den Feldern, wie damals auch. Seine Schwester hat das fotografiert, zwei Tage nach seinem Tod, den Blick von seinem Garten aus auf das Rapsfeld. Daniel Wirths Grab liegt neben dem kleinen Kirchturm. Frische Rosen und Nelken liegen da und zwei Kränze. Sein Todestag ist zwei Wochen her. Wirths Grab ist das Einzige, auf dem eine Statue steht: die Figur eines Engels, der seine Hand ausgestreckt über den Stein hält. In den Stein gemeißelt wurde der Satz: »Wir stehen hier und träumen von dir und deinem Lachen.«
Es gibt ein Foto, das zwei Jahre vor seinem Tod aufgenommen wurde, im Joint Combat Outpost Khilagay, einer US-Basis in der Provinz Baghlan, Nordafghanistan. Daniel Wirth steht da und macht Zimmermannsarbeiten, einen Holzbalken in der Hand, der ihm bis zur Brust reicht. Er hatte ein großes, warmes Lachen: mit Falten um die Augen und Grübchen auf den Wangen.
Seine Eltern leben 60 Kilometer entfernt, in Obergurig, einem hübschen Ort etwas außerhalb von Bautzen. Die Spree fließt direkt an der Schule vorbei. Die Eltern lernten sich auf der Kinder- und Jugendsportschule »Artur Becker« in Dresden kennen, einem der Sportinternate der DDR, die viele Medaillengewinner der DDR bei Olympischen Spielen durchlaufen hatten. Er war ein junger Nachwuchstrainer, sie eine talentierte 400-Meter-Läuferin, als Schülerin schon im Olympiakader für die Spiele in Montreal. Die 400 Meter lief sie in 56 Sekunden. Er war 22, fünf Jahre älter als sie.
Ihre Beziehung hielten sie zunächst geheim, sie verlobten sich ohne Genehmigung der Sportfunktionäre. Sie wurde mit 19 Jahren schwanger. Danach flogen beide aus dem Internat. Zu Olympia fuhr sie nie.
Stattdessen zogen sie nach Obergurig, in seinen Heimatort. Drei Kinder zogen sie dort groß, er arbeitete als Sportlehrer, sie als Erzieherin.
Die Eltern waren nicht traurig, als die DDR kollabierte. Sie behielten ihre Jobs. Sie fuhren jetzt in den Westen in den Urlaub, nach Berchtesgaden und Südtirol in den Skiurlaub. Daniel Wirth wurde Zimmermann, dann bewarb er sich als Unteroffizier bei der Bundeswehr. Er kam zu den Gebirgsjägern in Bischofswiesen. »Ich sehe ihn heute noch in seinem blauen Adidas-Pullover winken, als er mit dem Zug nach Berchtesgaden abgefahren ist«, sagt Martina Wirth.
In seinen Dienstzeugnissen aus dieser Zeit wird er von seinen Vorgesetzten als still, etwas schüchtern, manchmal ein wenig nervös, aber auch zuverlässig, freundlich, belastbar und verantwortungsbewusst beschrieben. Er könne sich gut selbst überwinden, er helfe Schwächeren »aus eigenem Antrieb«.
Nach sechs Jahren in der Bundeswehr bestand Wirth den harten Aufnahmetest zum Kommando Spezialkräfte, dem KSK, der extrem auf Geheimhaltung bedachten Spezialeinheit der Bundeswehr. Er sprach nun zu Hause kaum noch über das, was er bei der Arbeit machte. Kurz darauf heiratete er und wurde Vater von zwei Töchtern. Er nahm sich zweimal ein Jahr Elternzeit. 2013 zog er zum zweiten Mal in den Krieg, nach Afghanistan. Seine Kompanie war bereits dort. Der Ruf des KSK beruhigte seine Eltern und seine Schwestern. Nie war ein Soldat der Eliteeinheit bei einem Einsatz gestorben.
»Ich hatte überhaupt keine Sorge, dass ihm etwas passieren könnte«, sagt Kathrin Wirth-Torrente, seine ältere Schwester, die inzwischen in den USA lebt. »Das sind die besten Soldaten, die es gibt. Wie konnte ihm etwas geschehen, wenn er mit ihnen dort war?« Seine Mutter beruhigte er vorher. Er sagte: »So schlimm ist das gar nicht.«
Was in Afghanistan passierte, ist größtenteils verdeckt durch die Geheimhaltungspolitik des KSK. Einige Details hat die Bundeswehr veröffentlicht, andere hat der Spiegel-Journalist Matthias Gebauer öffentlich gemacht: Daniel Wirth und 16 andere KSK-Soldaten kamen demnach der afghanischen Polizei zu Hilfe, bei einem Gefecht in einem bewaldeten Gebiet. Sie wurden von den Afghanen im Stich gelassen. Ein US-Flugzeug warf einen Bombenteppich über dem Waldstück ab, wo sich die Taliban-Kämpfer verschanzt hatten. Einige Kämpfer hielten sich dabei unter einer dicken Plastikmatte versteckt. Die Wärmebildkameras des Bomberpiloten sahen sie nicht. Als die deutschen Soldaten das Waldstück durchsuchten, eröffneten sie das Feuer aus der Nähe. Daniel Wirth hatte keine Chance.
Martina und Harald Wirth waren in Berlin zu Besuch bei Freunden, als der Anruf kam. »Ich habe das Telefon irgendwo hingeschmissen und bin dort in den Wald gelaufen«, sagt seine Mutter. »Ich konnte es nicht glauben.« Die Tage danach zogen an den Wirths vorbei wie in einem bösen Traum.
Daniel Wirths Offizier drückte ihnen dessen Helm mit Durchschussloch in die Hand und fragte sie, ob sie ihn gleich mitnehmen wollen. Anhand von Fotos, Karten und Skizzen wurde ihnen erklärt, was passiert war, aber sie bekamen davon kaum etwas mit. Sie sahen den Körper ihres Sohnes zum letzten Mal im offenen Sarg, die Spuren der Wunde auf der Wange, die, so gut es ging, vom Bestatter übertüncht worden waren.
»Sonnabende waren am schlimmsten«, sagt Martina Wirth. »Er ist an einem Sonnabend gestorben.«
»Ich habe angefangen, sie zu zählen. Erst nach 71 Wochenenden habe ich damit aufgehört«, sagt ihr Mann.
Sie fuhren schließlich auf Einladung der Bundeswehr nach Afghanistan, ins Camp in Khilagay. Auf dem Helikopterflug von Masari-Scharif saßen sie zwischen KSK-Soldaten, so erinnert sich seine ältere Schwester, die sich die Augen ausweinten. An den Ort, wo er gestorben war, kamen sie nicht. Zu gefährlich. Dennoch tat die Reise ihnen gut. »Ich habe mir den Daniel dann erst mitgebracht«, sagt seine Mutter. »Der war vorher für mich noch nicht da. Ich habe ihn erst im Flugzeug bei mir gehabt.«
Für den 22. September 2014, mehr als ein Jahr nach Daniel Wirths Tod, wurden sie eingeladen nach Berlin, ins Verteidigungsministerium. In einem holzgetäfelten Raum wurde die Tapferkeitsmedaille durch Ursula von der Leyen verliehen. Die damalige Verteidigungsministerin hielt Distanz zu den Wirths, so haben sie es empfunden. Sie habe eine knappe Rede gehalten, sich kurz mit ihnen unterhalten, dann sei sie wieder gegangen. »Es war ein kalter Akt«, sagt Harald Wirth. Nach der Verleihung nahm sich der Vater das große Foto seines Sohnes, das die Ministeriumsbeamten aufgestellt hatten.
In der Urkunde, die sie bekamen, steht, dass ihr Sohn die Auszeichnung für »besonders tapferes Verhalten bei außergewöhnlicher Gefährdung von Leib und Leben« bekomme. Wofür genau, wissen sie bis heute nicht. Den offiziellen Gefechtsbericht haben sie nie zu lesen bekommen. Die Wirths haben bis heute das Gefühl, dass ihnen etwas verheimlicht oder verschwiegen wird.
Zwanzig Jahre lang wurde der Afghanistan Einsatz durchgesetzt. Die Abgeordneten im Bundestag verlängerten die Mandate Jahr für Jahr aufs Neue, obwohl in Umfragen seit vielen Jahren nie mehr als 41 Prozent der Deutschen für den Einsatz waren. Wie sehr haben die Abgeordneten sich mit den Menschen, die leibhaftig in diesem Krieg steckten, auseinandergesetzt? Mit den deutschen Soldatinnen und Soldaten – aber auch mit den einheimischen Helferinnen und Helfern, die sich nun, nach dem Abzug der deutschen Truppen, schutzlos den Taliban überlassen sehen?
Als an einem Junitag 2021 die letzten Soldatinnen und Soldaten aus Afghanistan in Wunstorf bei Hannover landeten, war die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gerade in den USA, die Kanzlerin Angels Merkel aß lieber mit den Richterinnen und Richtern des Bundesverfassungsgerichts zu Abend. Da war sie wieder, die Distanz.
Die Verleihung der Tapferkeitsmedaille hat den Wirths ihre Bitterkeit nicht genommen. Und es folgten weitere traurige Jahre. Daniel Wirths Eltern zerstritten sich mit ihrer Schwiegertochter, über das Grab, die Lebensversicherung, den Umgang mit den Enkelinnen. Die Schwiegertochter untersagte ihnen daraufhin jeden Kontakt mit Daniel Wirths Kindern. Zuletzt haben sie ihre Enkelinnen vor fünf Jahren gesehen, im Gerichtssaal, als sie erfolglos versuchten, ein Umgangsrecht zu erzwingen.
Nach dem Gespräch zeigt Harald Wirth das Dorf und den Garten. Er bleibt kurz vor einem kleinen Holzhaus stehen, das er in die Beete gebaut hat. Es reicht ihm bis zur Brust. Durch die Fenster sieht man eine kleine Spielzeugküche aus Holz. Er hat das Haus selbst gezimmert für seine Enkelinnen. Daniel Wirths Töchter haben es nie gesehen.