Jan Georg Plavec und Simon Koenigsdorff
Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Bestes lokales Digitalprojekt 2023
Dr. Jan Georg Plavec, Jahrgang 1984, ist Leitender Redakteur für Datenjournalismus und Datenprojekte bei Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten. Nach seinem Volontariat spezialisierte er sich auf Datenjournalismus mit regionalem Fokus und baute den Bereich in Stuttgart auf. Er hat an der Universität Hohenheim Kommunikationswissenschaft studiert und promovierte berufsbegleitend an der Freien Universität Berlin. Plavec engagiert sich in der Aus- und Weiterbildung für angehende Datenjournalistinnen und -journalisten.
Simon Koenigsdorff, Jahrgang 1994, studierte Geschichte in Heidelberg und Bristol mit journalistischen Stationen in verschiedenen Redaktionen: In der Onlineredaktion des Mannheimer Morgen, bei heise online und im Engagement-Ressort von ZEIT ONLINE. Programmieren brachte er sich während der Corona-Pandemie bei. 2021 begann er sein Volontariat in der Gemeinschaftsredaktion von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten und spezialisierte sich auf Datenjournalismus – ab Mai 2023 als Redakteur.
Im Interview
Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Plavec: Simon hatte sich fürs Volontariat schon mit einer Live-Datenauswertung von Stuttgarter Wetterdaten beworben. Das ist so naheliegend wie innovativ. Klimawandel ist natürlich ein globales Phänomen, aber eben in erster Linie lokal erfahrbar. Das aktuelle Wetter tagtäglich mit dieser Perspektive einzuordnen, ist ein Beitrag zur Klimaberichterstattung, die vor allem Regionalzeitungen leisten können und sollen. Bei seiner Station im Datenteam habe ich ihn natürlich daran erinnert …
Koenigsdorff: Ich war auf der Suche nach lokalen Datenprojekten, gleichzeitig hat mich die Debatte über die Klimakrise und die daraus entstehende journalistische Verantwortung beschäftigt. Es ist verführerisch, die Krise zu verdrängen. Daher kam die Idee, uns und unser Publikum immer wieder daran zu erinnern: Das ist die Realität, schon hier, schon jetzt. Die Recherche bestand dann vor allem daraus, möglichst viele lokale Wetterstationen zu erschließen, im Austausch mit Experten zu erarbeiten, wie wir den Einfluss der Klimakrise sichtbar machen können und Wege zu finden, wie die Daten in der aktuellen Berichterstattung eingesetzt werden können – zum Beispiel im letzten Hitzesommer.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie?
Koenigsdorff: Die größte Herausforderung war mit Sicherheit, die Technik im Hintergrund aufzubauen. Die Daten des Deutschen Wetterdienstes sind vielen bekannt. Zusätzlich Stationen der Stadt Stuttgart und des Landesumweltamts zu erschließen, die vorher noch kaum datenjournalistisch genutzt wurden, war deutlich aufwendiger. Dazu kamen Fragen wie: Wie können wir mit den Daten möglichst nah an das Wetter in den Orten unseres Verbreitungsgebiets herankommen? Und wie schaffen wir es, die Brücke zur Klimakrise auch in automatisierten Texten stets korrekt zu abzubilden?
Wie wurden Sie unterstützt?
Plavec/Koenigsdorff: Von den Dateninhabern natürlich, ohne die unser Projekt nicht möglich wäre. Vom Webentwickler Christian Frommeld, der das sehenswert auf die Website gebracht hat. Und natürlich von der Chefredaktion, die einem Volontär ein derart anspruchsvolles Projekt zugetraut hat. Wir haben aber auch sehr vom Austausch mit Kolleginnen und Kollegen profitiert, die eigene Klimaprojekte umgesetzt haben, zum Beispiel in der Quarks-Redaktion.
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Plavec: Wir Datenjournalisten werben für methodische Transparenz und evidenzbasiertes Arbeiten. Viele der Großthemen unserer Zeit sind dinglich schwer zu fassen, sei es das Coronavirus, die Energiekrise oder der Klimawandel. Daten und Schaubilder machen die Themen greifbar und helfen, aufgeklärte Entscheidungen treffen zu können. Sie sind nicht per se objektiv und können auch missbraucht werden. Aber wenn wir sie transparent einsetzen, ermöglicht das eine dringend notwendige Versachlichung der Debatten unserer Zeit.
Koenigsdorff: Er sollte immer darum ringen, das Geschehen so realitätsgetreu wie möglich einzuordnen. Das gilt auch dafür, die Klimakrise dort zu thematisieren, wo sie wichtig ist – also quasi überall. Datenjournalismus im Speziellen muss seine Methoden ständig reflektieren. Wenn wir es schaffen, aus Daten verständliche Aussagen zu generieren, dem Publikum aber auch Rechenschaft über unsere Herangehensweise abzulegen, erfüllen wir unsere Aufgabe.
Was erwarten Sie von der Preisverleihung?
Koenigsdorff: Einen spannenden und inspirierenden Abend – für mich ist es schließlich das erste Mal.