Julia Ruhnau

Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Bestes lokales Stück 2023

Julia Ruhnau, Jahrgang 1990, kam nach dem Studium der Soziologie und Philosophie sowie einem Journalistikstudium in Leipzig für ihr Volontariat zu den Nürnberger Nachrichten. Seit 2017 arbeitet sie dort als Redakteurin, zunächst mehrere Jahre in der Online-Redaktion, dann in der Fürther Lokalredaktion. Nebenbei schreibt sie als freie Autorin für den dpa-Themendienst. Für ihren Text „Endlevel Hass“ war sie bereits für den Reporter:innen-Preis nominiert.

Julia Ruhnau
Tobi Lang

Im Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Im Rahmen meiner Arbeit als Online-Redakteurin haben meine Kollegen und ich regelmäßig über den YouTuber Rainer Winkler alias „Drachenlord“ und die Auseinandersetzungen mit seinen Hatern berichtet - allerdings immer nur zu aktuellen Anlässen, etwa Polizeieinsätzen oder Gerichtsprozessen. Was fehlte, war der Hintergrund. Ich wollte wissen, warum die Situation derart eskaliert war – und ob es einen Ausweg gibt. Immerhin hatte in der Spitze eine Gruppe von mehreren hundert Hatern seinen Heimatort belagert, über Jahre hinweg standen täglich mehrere von ihnen vor seinem Grundstück, Polizeieinsätze waren an der Tagesordnung. Ich sprach mit allen beteiligten Parteien, Anwohnern, Polizei und Justiz, Behörden und einer Medienpsychologin, Hatern und Rainer Winkler selbst, sichtete viele Stunden Videomaterial und verbrachte viel Zeit auf Telegram, wo sich die Hater austauschen.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Es war schwierig, Beteiligte zur Auskunft zu bewegen. Viele fürchteten, selbst (erneut) ins Visier der Hater zu geraten. Auch zu Rainer Winkler konnte ich erst nach mehreren Versuchen Kontakt herstellen. Am auskunftsfreudigsten waren die Hater. Allerdings hat es viel Zeit in Anspruch genommen, sich in deren Kosmos zurechtzufinden, wichtige Akteure und mögliche Strukturen zu verstehen.

Wie wurden Sie dabei unterstützt?
Ich habe etwa ein halbes Jahr an der Geschichte gearbeitet. Die Recherche fand hauptsächlich in meiner Freizeit statt. Meine Stelle in der Online-Redaktion sah die Arbeit an solch einem Projekt nicht vor. Das Thema war mir aber wichtig genug, um diese unbezahlte Mehrarbeit in Kauf zu nehmen. Unterstützt wurde ich von Kollegen, die selbst schon über den Drachenlord geschrieben hatten, und mir teilweise Informationen und Kontakte zur Verfügung stellten, vor allem mein Kollege Tobi Lang. Der Leiter unseres Magazins am Wochenende, wo mein Text schließlich erschien, räumte mir dann den nötigen Platz ein. Artikel dieser Länge sind dort normalerweise nicht vorgesehen.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Das Prinzip ist meiner Meinung nach immer ähnlich: Es geht darum, (sich) Fragen zu stellen und Antworten zu suchen. Erschöpfende Antworten gibt es selten, aber wer seine Erkenntnisse aus der Suche danach anderen zur Verfügung stellt, hat schon viel erreicht. Wenn man das dann noch auf verständliche und vielleicht sogar unterhaltsame Art und Weise tut, ist man auf dem richtigen Weg.

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