Andreas Rosenfelder
Kurzbiographie des Autors
geboren 1975 in Köln, studierte dort Germanistik, Philosophie und Theaterwissenschaft. Seine journalistische Karriere begann er gleich nach dem Abitur beim Kölner Stadt-Anzeiger. Nach dem Magisterabschluss stieß er 2001 zum Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, das er schon seit seinem sechzehnten Lebensjahr heiß und innig geliebt hatte. 2007 ging er dann nach Berlin, um von 2007 bis 2009 das (nicht nur journalistische) Abenteuer der deutschen Vanity Fair mitzumachen. 2010 wechselte er ins Feuilleton der WELT und WELT AM SONNTAG, zunächst als stellvertretender Ressortleiter, seit 2013 als Ressortleiter.
Im Interview
Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Die Idee entstand im Gespräch mit dem Chefredakteur der WELT AM SONNTAG, Johannes Boie. Peter Handke war gerade der Literaturnobelpreis zugesprochen worden, und binnen weniger Tage wurden Autor, Werk und Entscheidung in den sozialen Medien zerfetzt. Ein alter Dichter, der von einer ehrwürdigen Institution gekrönt wird und fortan höchste literarische Autorität genießt: Das gibt es nicht mehr, das ist endgültig vorbei, wie man an diesem Beispiel ganz wertfrei feststellen konnte. War es früher anders, und wann fing das alles an? Ich begann, über das Thema nachzudenken, und stellte fest, dass es fast keine Institution im geistigen Leben mehr gibt, die noch uneingeschränkt „funktioniert“ und nicht von inneren und äußeren Krisen geschüttelt wird – nicht einmal das deutsche Feuilleton, dem ich ja selbst angehöre. Ich suchte also ganz antizyklisch Halt bei einem Klassiker, dem besten Text über das mystische Wesen der Autorität: „Die zwei Körper des Königs“ von Ernst Kantorowicz. Das halbvergessene Buch war übrigens nur noch gebraucht im Internet zu erstehen. Bei der Lektüre entstanden die Gedanken, die mich durch das Chaos der Gegenwart leiteten.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Die wichtigste Herausforderung, um über das Ende der Institutionen nachzudenken, war es, einen ruhigen Ort im Außerhalb der Institutionen zu finden. Mein Arbeitsalltag ist ein Nonstop-Stress, auch im Feuilleton wird das Tagesgeschäft ja inzwischen von der Online-Taktung angetriebenen, jeder Tag besteht aus einer Abfolge von Konferenzen. Die Einsamkeit und Freiheit, die ein Joachim Kayser noch zum Schreiben und Nachdenken hatte, gibt es kaum noch. Ich zwang mich also, für ein paar Tage nicht in die Redaktion zu gehen, ließ zum Leidwesen meiner Kollegen alles stehen und liegen und setzte mich in die nächstgelegene Berliner Stadtteilbibliothek, wo ich das Handy ausschaltete. Es war dort nicht sehr romantisch, ein abgewetzter Resopal-Tisch mit Steckdosenleiste und Neonlampen, aber ich fand es perfekt: Näher kann man einer mittelalterlichen Mönchsklause heute nicht kommen.
Von wem wie wurden Sie dabei unterstützt?
Ich habe, wie immer beim Schreiben, auch mit Freunden und Kollegen über das Thema gesprochen. Die Idee verfing bei jedem sofort, die Beispiele sprudelten nur so, was mich davon überzeugte, auf einer richtigen Spur zu sein.
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Leidenschaft für den Text, Leidenschaft für das Denken.