Judith von Plato

Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Bestes lokales Stück 2022

Judith von Plato ist 1991 in Niedersachsen geboren. Nach dem Abitur arbeitete sie in der Betreuung und Pflege von Menschen mit Behinderungen, reiste durch Südamerika und absolvierte dann einen Bachelor in Psychologie in den Niederlanden und in Mexiko. Danach zog sie nach Berlin, wo sie Regionalwissenschaften mit dem Fokus auf Lateinamerika und Gender Studies studierte. Während des Studiums arbeitete sie weiter in der Betreuung und begann bei der ARD und beim ZDF – als Praktikantin, später als Redaktionsassistentin und freie Autorin. Seit September 2021 ist sie Volontärin bei der Märkischen Allgemeinen Zeitung der Madsack Mediengruppe.

Judith von Plato
Sophie Peschke

Im Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?

Die Idee entstand spontan. Eigentlich war ich mit Gustavs Besitzer, Marco Hintze, verabredet zu einem Gespräch über ihn und die Politik, das wir auf dem Weg zum Schlachthof und auf dem Schlachthof führen wollten. Die Schlachtung war für Hintze Routine, mich zogen sie und der Bulle in ihren Bann: Gustav, der morgens noch seelenruhig im Stall auf seinem Fressen herumkaute, während Hintze die Tupperdosen für dessen Überreste in den Transporter räumte. Mir war sofort klar, dass ich nicht nur ein Porträt über den Landwirt schreiben würde. Deswegen begleitete ich Hintze bis in den Schlachtraum und sprach dort mit allen Involvierten.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?

Wer auf dem Schlachthof arbeitet, ist vielen suspekt. Unverständnis oder Ablehnung sind häufige Reaktionen auf die Arbeit. Vor allem der Schlachtergeselle, der Gustavs Schlachtung ausführte, fühlte sich durch meine Anwesenheit beobachtet und sogar bedroht. Jeder Fehler würde auf ihn zurückfallen und könnte Anlass zu Kritik von Tierschützerinnen und Tierschützern geben. Unabhängig davon sei die Anspannung bei einer Schlachtung schon extrem hoch, erklärte mir der Tierarzt, egal wie viele Tiere man in seinem Leben schon geschlachtet habe. Als ob sich die Nervosität des Tieres auf die Menschen übertrage. Ich wollte den dort Arbeitenden einerseits mit Respekt begegnen, weder persönliche Grenzen überschreiten noch ihre Konzentration stören. Andererseits wollte ich so viel wie möglich herausfinden, Fragen stellen – auch heikle. Und fotografieren. Dabei versuchte ich mich nicht ablenken zu lassen. Nicht von Gustavs verzweifelten Fluchtversuchen. Und auch nicht von den Blutlachen, um die ich im Schlachtraum herumbalancierte. Beim Aufschreiben war für mich die größte Herausforderung, zu beschreiben, ohne zu werten oder zu moralisieren. Ich wollte die Brutalität festhalten und gleichzeitig zeigen, wie in der Absurdität einiger Details mitunter sogar ein Hauch von Komik liegen kann.

Wie wurden Sie dabei unterstützt?

Als ich den Artikel schrieb, arbeitete ich in der MAZ-Redaktion in Brandenburg an der Havel. Obwohl das meine erste Station als Volontärin bei der MAZ war, ließ man mir komplett freien Lauf: Ich konnte mir Themen aussuchen, die mich interessierten, Termine legen, wie ich wollte, und entscheiden, was ich textlich aus ihnen machen würde. Nur durch diese Freiheit hatte ich die Möglichkeit, spontan Gustavs letzte Stunden zu begleiten und von ihnen zu berichten.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung?

Ich freue mich vor allem darauf, die anderen Nominierten und die Jury kennenzulernen, mich mit erfahreneren Journalistinnen und Journalisten auszutauschen und Anregungen mit nach Hause zu nehmen. 

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