Stefanie Flamm

Kurzbiografie der Nominierten in der Kategorie Meinung 2022

Stefanie Flamm, geboren 1970 in Aachen, hat das Schreiben als Studentin in ersten Beiträgen für das „Kursbuch“ für sich entdeckt. Zum Journalismus kam sie nach ihrem Abschluss über die „Berliner Seiten“ der F.A.Z., deren Redaktionsmitglied sie drei Jahre lang war. Ab 2002 arbeitete sie als Reporterin beim „Tagesspiegel“ und seit 2005 bei der ZEIT, zuerst im Reiseteil, später im Ressort Entdecken, wo sie alltagsnahe, oft persönliche Texte schreibt, die das Große im Kleinen suchen. Zusammen mit Iris Hanika hat sie 2003 das Großstadt-Kaleidoskop „Berlin im Licht“ (Suhrkamp) herausgegeben. Im März 2022 erschien „Neulich im Beet“ (Knaur), das Buch zu ihrer erfolgreichen Gartenkolumne „Auf dem Boden der Tatsachen“. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin und in der Uckermark.

Stefanie Flamm
Nike Flamm

Im Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag?

Der „Alte Weiße Mann“ war schon seit einiger Zeit ein beliebtes Konstrukt, um einen bestimmten Typus Mann zu beschreiben: breitbeinig, erfolgreich, machtbewusst und sich dabei seiner Privilegien überhaupt nicht bewusst. Alter Weißer Mann aber klang von Anfang an nur vordergründig wie ein Schimpfwort. Es schwang da schon auch immer ein wenig Bewunderung mit für einen Mann, dem es gelungen war, Strukturen zu schaffen und zu nutzen, die ihn bisweilen unabhängig von seinen persönlichen Fähigkeiten trugen. Und ich habe mich gefragt: Warum spricht man nie von der „Alten Weißen Frau“? Weil es sie nicht gibt? Oder weil es sie nicht geben soll? Dann habe ich mich auf die Suche gemacht, nach erfolgreichen, machtbewussten Frauen, die Karriere gemacht haben zu einer Zeit als das sozial noch überhaupt nicht erwünscht war. Ich habe viel gelesen und telefoniert und schnell gemerkt, ich muss in klassischen „Männerbereichen“ wie Wirtschaft, Justiz, Politik suchen und ich bin auch fündig geworden. 

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?

Die erste Herausforderung war Corona. Ich habe diesen Text im Winter während ständig steigender Infektionszahlen geschrieben, was für viele Gesprächspartnerinnen ein willkommener Anlass war, für ein Gespräch nicht zur Verfügung zu stehen. Denn Alte Weiße Frau klingt nicht auf Anhieb wie ein Kompliment. Es gibt auch gute Argumente, dieses Zuschreibung von sich zu weisen, weil Frauen bis heute unter völlig anderen Bedingungen arbeiten als Männer, ihnen fehlt ja das Netzwerk, das ihre männlichen Kollegen trägt. Die drei Frauen, die namentlich in diesem Text vorkommen, haben sich trotzdem darauf eingelassen, weil sie verstanden haben, dass es schon auch darum ging, eine Lebensleistung zu würdigen, ganz gleich wie die Bewertung am Ende ausfällt. 

Wie wurden Sie dabei unterstützt?

Von der Entdecken-Redaktion, die mir immer das Gefühl gegeben hat: Du machst das schon. Egal, was dabei am Ende herauskommt, wir sind gespannt. Und auch von meinen Protagonistinnen, die mit großer Offenheit und auch Spaß bei der Sache waren.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?

Guter Journalismus hat eine klare Sprecherinnenposition, ein Thema, das viele Menschen beschäftigt und großes Misstrauen gegenüber einfachen Wahrheiten. Am besten ist guter Journalismus, dort, wo er ein bisschen weh tut, auch der Journalistin selbst.

Was braucht ein herausragender Artikel?

Ein herausragender Artikel braucht einen eigenen Zugang. Er zerlegt seinen Gegenstand in seine Einzelteile und setzt ihn so wieder zusammen, dass hinterher alle ein bisschen anders darauf schauen. Er möchte niemandem gefallen.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung?

Ich freue mich auf einen guten Abend mit guten Kolleginne und Kollegen, die ich größtenteils nur vom Lesen kenne.

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