PeterPascal Portz
Kurzbiographie des Nominierten in der Kategorie Bestes lokales Digitalprojekt 2023
Peter-Pascal Portz ist Jahrgang 1992 und mit Leib und Seele Pfälzer. Schon in der Schule war klar: Der Junge muss Journalist werden – nicht beim Fernsehen, nicht beim Radio, sondern bei „der Zeitung“. In der Oberstufe und durchweg während seines Studiums der Medienwissenschaften und Publizistik in Mannheim und Mainz war er freier Mitarbeiter verschiedener Lokalblätter (Die Rheinpfalz, Allgemeine Zeitung). Von Oktober 2020 bis September 2022 absolvierte er sein Volontariat bei der VRM in Mainz. Aktuell ist er Lokalreporter der Allgemeinen Zeitung Süden Rheinhessens in Alzey.
Im Interview
Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Im Laufe der Corona-Pandemie hatte ich zum Thema Krankenhauspflege bereits mehrfach recherchiert. Es waren die Monate des Beifallklatschens auf Balkonen, des sogenannten Lavendelgate, als das Land den Pflegenden der Mainzer Uni-Klinik – symbolisch – zum Dank einen Blumenstrauß überreichte. Aber sonst? So viel wurde über die Situation der Pflege gesprochen, so viel geschrieben, selten jedoch eindrücklich die Fragen beantwortet: Wie sieht der Alltag der Pflegenden in der Klinik aus? Wie hoch ist die Belastung während einer Schicht tatsächlich? Was bedeutet das alles auch für die Patientinnen und Patienten? Und was denken, was sagen die Pflegekräfte selbst über die Zustände? In dieser Zeit stand bei der VRM mein Digitalprojekt im Rahmen des Volontariats an. Ich wusste: Thema sollte die Krankenhauspflege sein – das Format eine Reportage vor Ort, mit Einsichten, Stimmungen, Szenen. Im Team haben wir diskutiert und gleichzeitig nach einem Ansatz gesucht, der das Ganze innovativ erzählt. Auf eine andere als die „gewöhnliche“ Art und Weise. Aus der Mitte kam der Vorschlag eines Liveblogs beziehungsweise -tickers: das Team in der Klinik eine Schicht lang begleiten, den Beitrag regelmäßig mit Live-Meldungen aktualisieren – das klang hervorragend! Nur erschienen mir acht Stunden als zu knapp, um das Nötigste zu erzählen, was für das Verständnis der Problematik wichtig ist. Warum also nicht 16? Wieso nicht zwei komplette Schichten dabei sein? Natürlich setzte das einen riesigen Berg an vorheriger Recherche voraus: Ich sprach mit Pflege- und Medizinverbänden, mit Wissenschaftlern und Gesellschaften, ich konfrontierte Ministerien mit den Vorwürfen aus der Branche, wertete Datensätze aus, analysierte bereits erarbeitete Lösungen. Dann erst begann die „eigentliche“ Arbeit, der schwierigste Teil der Recherche – der Liveblog aus der Klinik.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie?
Wenn man das so salopp formulieren kann, dann war das ganze Projekt eine einzige große Herausforderung. Von der Organisation über die Logistik vor und an dem Live-Tag bis zur physischen und mentalen Belastung während der 16 Stunden selbst – nahezu ohne Pause. Und das waren nur einige der Hürden. Mit über einem Jahr Abstand betrachtet gab es allerdings eine Herausforderung, die ich heute als die größte sehe: Vor dem Liveblog baute ich auf eine unglaubliche Menge an Fakten, Hintergründen und Infos, die ich für das Format gefiltert und visuell aufbereitet hatte – das alles aber sollte im Ticker niemals die Eindrücke aus der Klinik überwiegen. Das, was zwischen 6 und 22 Uhr vor Ort geschieht, sollte in der Berichterstattung an erster Stelle stehen. Die Momente, das Gesagte, die Gefühle. Mich hat das unter einen immensen Zeitdruck gesetzt, permanent und schnell neue Situationen zu beschreiben und nur wenige Minuten später zu liefern. Ich wollte die Leserinnen und Leser schließlich nicht mit Vorbereitetem füttern, sondern sie mit lebendigen Szenen an einen Ticker fesseln, der ständig neue Infos bereithält.
Wie wurden Sie unterstützt?
Ich bin der VRM sehr dankbar dafür, dass sie es ihren Volontärinnen und Volontären über einen ganzen Monat ermöglicht, eine Geschichte intensiv zu recherchieren, sie ansprechend umzusetzen und wirklich an ihr zu feilen. Im straffen Alltag einer Tageszeitung ist das eine sehr willkommene Abwechslung. Unterstützt wurde ich während des Projekts vom gesamten Team Content Development, das mir bei der Konzeption und der Realisierung ständig mit Rat zur Seite stand, sich immer Zeit nahm für meine Anliegen – vor allem auch dann, als ich wegen der Komplexität des Themas mal glaubte, mich total zu verrennen. Unser Fotograf Sascha Lotz hat an diesem Tag in der Klinik erstklassige Fotos gemacht, dazu hat es unser Digital-Hub stets geschafft, den Ticker im Netz zu vermarkten, sodass er nicht an Aufmerksamkeit verliert. Ein großer Dank geht natürlich auch an die Kreisklinik Groß-Gerau und deren Sprecherin Marlen Fasold: Sie hat im Voraus nicht nur für eine unkomplizierte Organisation dieses Mammutprojekts gesorgt, sondern auch dafür, dass ich mich in den Fluren des Hauses während der 16 Stunden nie verirrte. Am meisten allerdings bin ich den Pflegenden dankbar, die ich beobachten und die ich sprechen durfte: Nie hatte ich das Gefühl, dass sie sich durch mich in ihrer Arbeit beeinträchtigt fühlen, sie mich als störend wahrnehmen. Sie alle waren kooperativ, offen, gesprächsbereit – und trotz der enormen Belastung spürte man das Herzblut, mit dem sie ihrem Beruf nachgehen. Das verdient höchsten Respekt.
Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Der Mut, dorthin zu gehen, wo es wehtut. Sorgfältig und gewissenhaft zu recherchieren. Nie aufzuhören, neugierig zu sein, Fragen zu stellen und nachzuforschen. Sich weder gemein zu machen mit einer Sache noch eigene Ziele zu verfolgen. Und ja, auch eine kreative, dennoch verständliche Schreibe.
Was braucht ein herausragender Artikel?
Er braucht den gewissen Dreh, eine schon oft erzählte, obgleich spannende Geschichte auf eine außergewöhnliche Weise neu zu erzählen. Aus einer besonderen Perspektive heraus oder unter einem Aspekt, der vielleicht noch keine Beachtung fand. Ein herausragender Artikel muss die Leserschaft bewegen – und er braucht Platz. Natürlich kann eine Tageszeitung nicht täglich eine solche Story bieten. Aber die Aussicht, dass es eine nächste geben wird, ist doch erfüllend.
Was erwarten Sie von der Preisverleihung?
Um ehrlich zu sein: Ich weiß es nicht. Als mir die Liste der früheren Gewinner und der Nominierten begegnete, hat mich das – als frischer Jungredakteur – auch mit Ehrfurcht erfüllt. Ich sah dort Namen, deren Texte ich normalerweise am Frühstückstisch lese. Für mich war das ein surreales Gefühl. Es ist erfrischend, solche Kolleginnen und Kollegen kennlernen zu dürfen.