Valerie Schönian

Kurzbiographie der Nominierten in der Kategorie Thema des Jahres 2023

Valerie Schönian ist 1990 in Gardelegen, Sachsen-Anhalt, geboren und in Magdeburg aufgewachsen. Studiert in Berlin, ausgebildet an der Deutschen Journalistenschule in München. Danach machte sie für ein Jahr das Blogprojekt „Valerie und der Priester“, ging anschließend zur ZEIT, zunächst als Redakteurin für das Leipziger Büro, dann als Autorin. Ihre Bücher „Halleluja. Wie ich versuchte die katholische Kirche zu verstehen“ (2018) und „Ostbewusstsein. Warum Nachwendekinder für den Osten streiten und was das für die Deutsche Einheit bedeutet“ (2020) erschienen im Piper-Verlag. Sie lebt als freie Autorin in Berlin.

Valerie Schönian
Johanna Wittig

Im Interview

Wie entstand die Idee zu Ihrem Beitrag und wie haben Sie recherchiert?
Ich komme aus Ostdeutschland und habe mich schon oft mit der Frauenrolle in der DDR und Westdeutschland beschäftigt. Bei einer dieser Recherchen stach mir ins Auge, dass heutzutage – anders als in der DDR – kaum eine Gruppe in Deutschland so von Armut bedroht ist wie alleinerziehende Mütter. Die Ausgangsfrage war also: Wie kann das eigentlich sein? Zunächst habe ich mit vielen Verbänden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Politikerinnen und Politikern gesprochen, und sie genau das gefragt. Dann habe ich nach alleinerziehenden Müttern gesucht und Dutzende Vorgespräche geführt. Schließlich ist die Wahl auf meine Protagonistin gefallen, weil man an ihr vieles auf einmal erzählen konnte. Ich wollte immer beides nebeneinanderstellen: Ihre persönliche Geschichte und die strukturellen Gegebenheiten, in denen diese eingebettet ist. Seit Mai 2022 saß ich an der Recherche. Dann spitzte sich die Inflation zum Herbst immer mehr zu, auch in ihrem Leben, sodass ich gemeinsam mit der Redaktion des ZEIT-Dossiers entschied auch diese in den Blick zu nehmen. Meine Protagonistin gewährte mir Einsicht in ihre Kontoauszüge, Unterlagen, Nachrichten, gab mir den Kontakt von ihrer Mutter und Freundinnen, damit ich auch mit ihnen reden konnte. Ich war zweimal vor Ort, begleitete sie insgesamt sechs Tage. An den anderen Tagen schickte sie mir Sprachnachrichten und Fotos.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie dabei?
Die größte Herausforderung war eine Protagonistin zu finden. Denn alleinerziehende Mütter haben  – das haben mir die vielen Vorgesprächen gezeigt – neben dem finanziellen erst einmal mit einem anderen Problem zu kämpfen haben: der wenigen Zeit. Deswegen haben sich auf die ersten Anfragen eher wenige Frauen zurückgemeldet, andere wollten sich nicht begleiten lassen. Ich habe mich dann einfach durch selbstorganisierte Gruppen in Deutschland telefoniert.

Wie wurden Sie unterstützt?
Die Redaktion des ZEIT-Dossiers hat mir diese Recherche ermöglicht und mich bei dieser unterstützt, namentlich Moritz Aisslinger, Caterina Lobenstein, Malte Henk und Wolfgang Uchatius. Das hat mich sehr gefreut. Daneben habe ich wichtige Kontakte erhalten vom Bundesverband Alleinerziehender Mütter und Väter (Vamv), dessen Landesverbänden, der Stiftung Alltagsheld:innen, dem Projekt „Solomütter“. Von ihnen erfuhr ich auch wichtige Hintergründe, genau wie in Gesprächen mit bspw. Antje Funcke von der Bertelsmann-Stiftung, der Juristin Anne Lenze, Gender-Forscherin Barbara Thiessen, Juristin und Soziologin Ute Gerhard , Andreas Peichl vom ifo-Institut in München oder Markus Grapka vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Was macht für Sie persönlich guten Journalismus aus?
Echtes Interesse am Menschen und an der Welt, kritisches Hinterfragen der fremden und der eigenen Standpunkte. Unabhängigkeit.

Was braucht ein herausragender Artikel?
Zeit und Geld. Es liegen sehr viele Geschichten da draußen, sehr viele Probleme, die alle erzählt gehören. Aber um das tun zu können, sind– so unromantisch das klingt – personelle und finanzielle Ressourcen nötig. Das ist die Grundlage. Dann braucht es noch eine herausragende Geschichte, oder bekannte Geschichte in einem neuen Kontext, und vor allem jemanden, die sie unbedingt erzählen will.

Was erwarten Sie von der Preisverleihung?
Ich bin gespannt und freue mich, auf Geschichten und Kolleginnen sowie Kollegen.

Oops, an error occurred! Code: 202411230904453336dd4d
Diese Seite teilen