Der Theodor-Wolff-Preis 2015

Preisträgerinnen und Preisträger

Kategorie Lokaljournalismus

Portraitfoto von Tobias Grossekemper
Tobias Grossekemper

In der Westerfilder Spirale

Ruhr Nachrichten vom 29. Mai 2014

Tobias Großekemper

Journalist

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Nebeneinandergesetzte Portraitfotos von Rudi Kübler und Christine Liebhardt
Rudi Kübler / Christine Liebhardt

Die Nacht der 100.000 Bomben

Südwest Presse Online vom 17. Dezember 2014

Rudi Kübler und Christine Liebhardt

Journalisten

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Kategorie Reportage / Essay / Analyse

Portraitfoto von Roland_Schulz
Roland_Schulz

Die Polizei, dein Freund und Vater

Süddeutsche Zeitung Magazin vom 7. Februar 2014

Roland Schulz

Journalist

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Konrad Schuller

Dann nehmen sie Anlauf und werfen

Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 26. Januar 2014

Konrad Schuller

Journalist

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Kategorie Leitartikel/Kommentar/Glosse

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Bernd Ulrich

Die Welt ist verrückt – und was machen wir?

Die Zeit vom 28. August 2014

Bernd Ulrich

Journalist

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Kategorie Lebenswerk

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Barbara Sichtermann

Preis für das Lebenswerk

Barbara Sichtermann

Publizistin

Trophäe des Theodor-Wolff-Preises
BDZV

Preisverleihung

Preisverleihung 2015

Die Preisverleihung in Koblenz

Redetexte

Es gilt das gesprochene Wort

Ich freue mich, dass wir den Theodor-Wolff-Preis erstmals in Koblenz verleihen. Unser Fest ist einmal mehr ein Treffen, bei dem Journalisten, Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft zueinanderfinden. Herzlichen Dank, dass Sie alle unserer Einladung gefolgt sind.

Ein Dankeschön auch dem Theater Koblenz, in dem wir heute Abend feiern dürfen. Lassen Sie sich von diesem herrlichen barocken Interieur nicht in die Irre führen. Dahinter verbirgt sich eine hoch moderne Institution. Und vom Intendanten über die Darsteller bis zum Pressesprecher hat die gesamte Mannschaft daran mitgewirkt, dass unsere Autoren heute Abend im Rampenlicht stehen. Eine Bühne für die Besten der Besten – so wie man sich das für einen solchen Anlass nur wünschen kann.

Mein ganz besonderer Dank gilt natürlich dem Mittelrhein-Verlag in Koblenz, der in diesem Jahr die Rolle der Gastgebers übernommen hat. Aus diesem Haus kamen – mein Kollege und Freund Walterpeter Twer erwähnte es gerade – bereits vier Preisträger. Die bisher letzte und jüngste unter ihnen, Rena Lehmann, konnten wir 2011 in Bonn auszeichnen, sie ist heute Korrespondentin in Berlin. So beginnen Karrieren.

Der Theodor-Wolff-Preis gilt als Gradmesser für den publizistischen Anspruch, dem sich alle unsere Zeitungen jeden Tag stellen. Er belohnt die hohe Qualität einer redaktionellen Leistung. Und genau diese Qualität ist das zentrale Kriterium für den Erfolg unseres Mediums – ganz gleich, ob es auf Papier oder auf einem Display gelesen wird.

Der publizistische Anspruch und die Leistung der Zeitung wird in diesen Tagen beim Umgang mit dem Flüchtlingsthema wieder besonders deutlich. Die Situation in den Herkunftsländern, einzelne Schicksale, Fluchtwege, die Herausforderungen für die europäische und die deutsche Politik, die Anstrengungen für Länder und Kommunen, Angst und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung – alles wird beleuchtet, erzählt, erklärt und der Journalist wird zum Vermittler einer aus Krieg, Terror und Not geborenen Völkerwanderung. Großartig und nachahmungswürdig finde ich zum Beispiel die Idee des Hamburger Abendblatts, Flüchtlinge als Reporter einzusetzen und ihnen damit eine eigene Stimme zu geben. Was wird wohl unsere Jury im nächsten Jahr an Beiträgen über diese Ereignisse zu lesen bekommen?

Das führt uns auch schon zum eigentlichen Anlass unserer Zusammenkunft: Wir - Jury und Kuratorium - haben die Freude und das Privileg, heute sieben Damen und Herren mit dem Theodor-Wolff-Preis für herausragende journalistische Leistungen auszuzeichnen.

Sie, liebe Preisträger, haben beeindruckende journalistische Stücke vorgelegt, die über den Tag hinaus wirken. Bei aller Verschiedenheit der von Ihnen bearbeiteten Themen und Stoffe bestechen Ihre Texte durch Kreativität, Beobachtungsgabe, gründliche Recherche, sprachliche Brillanz und Originalität. Obendrein waren Sie selbstkritisch und selbstbewusst genug zu beurteilen, dass Ihnen mit diesen Beiträgen etwas ganz Besonderes gelungen ist, wert, einer sehr anspruchsvollen Jury vorgestellt zu werden.

Lassen Sie mich mit dem Kernstück der Zeitungen, mit dem Lokalen, beginnen. Da hat sich also Tobias Großekemper für die „Ruhr Nachrichten“ gefragt, warum in Dortmund so viele Bürger rechtsradikal denken und wählen – und was das mit einem verfallenden Häuserblock „in der Westerfilder Spirale“ zu tun haben könnte.

Für das Online-Angebot der „Südwest Presse“ in Ulm haben Rudi Kübler und Christine Liebhardt „Die Nacht der 100.000 Bomben“ geschildert. Die beiden Autoren rufen mit Hilfe von Zeitzeugen und zahlreichen Archivfunden den 17. Dezember 1944 in Erinnerung, als 330 britische Bomber die Stadt Ulm in Schutt und Asche legten. Diese großartige Leistung zeigt, was digitaler Online-Journalismus kann.

Das also sind die diesjährigen Gewinner im Lokalen. Erfreulicherweise konnte die Jury 2015 aber nicht nur über diese drei entscheiden, sondern über eine Vielzahl anspruchsvoller und preiswürdiger Beiträge gerade aus den Lokalteilen unserer Zeitungen. Wir sind stolz auf die hohe Zahl und die Qualität der Einreichungen für diese Kategorie.

Exzellenter Journalismus ist ein wirksames Plädoyer für unser Medium. Die ausgezeichneten Beiträge heute Abend beweisen das einmal mehr auf das Schönste.

Sie können diese Artikel übrigens, verehrtes Publikum, allesamt und in voller Länge kennenlernen. Sie finden sie auf der Website des Theodor-Wolff-Preises eingestellt.

Sie können die preisgekrönten Artikel auch in Ruhe zuhause nachlesen. Beim Hinausgehen erwartet Sie eine Broschüre mit allen Texten, die wir heute Abend hier auszeichnen.

Und Sie können die Text-Passagen, die gleich vorgetragen werden, sogar noch einmal nachhören. Das Theater Koblenz stellt uns freundlicherweise die entsprechenden Audiofiles für unsere Website zur Verfügung.

Dann werden Sie zum Beispiel miterleben, wie einem von Roland Schulz für das Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ porträtierten Kriminalhauptmeister in München zwei Mordfälle zur Lebensaufgabe wurden. Sie werden in Gedanken bei den ukrainischen Demonstranten am Maidan stehen, über deren politischen Einstellungen und Motive Konrad Schuller für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete. Und Sie werden über Bernd Ulrichs Essay für die „Zeit“ nachdenken. Darin analysiert der Autor die Vielzahl der aktuellen Krisen und Kriege von der Ukraine über Gaza bis zu Syrien und dem Irak und fordert insbesondere den Westen dazu auf, vermeintliche politische Gewissheiten zu überprüfen und gesellschaftliche Ideale neu zu justieren.

Heute Abend wird auch ein journalistisches Lebenswerk mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. Die unabhängige Jury würdigt damit die Arbeit einer Journalistin und Autorin, die sich ebenso geistreich wie streitbar seit Jahrzehnten für die Demokratisierung des Geschlechterverhältnisses einsetzt und sich obendrein als Medienkritikerin insbesondere bei Fragen rund ums Fernsehen einen Namen gemacht hat. Es ist uns ein großes Vergnügen, Sie, liebe Frau Sichtermann, heute Abend bei uns zu sehen!

Herzlich willkommen auch der Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Sehr geehrte Frau Nahles, wir freuen uns, dass Sie unserer Bitte gefolgt sind und heute die Laudatio halten auf diese ungewöhnliche Journalistin, Kolumnistin, Autorin, Ex-Schauspielerin… Wir sind gespannt, sehr geehrte Frau Nahles, auf Ihre Worte.

Meine Glückwünsche verbinde ich mit denen der rund 280 Zeitungsverlage, die den Theodor-Wolff-Preis tragen. Sie gelten den Preisträgern, sondern auch den Redaktionen und Verlagen, die hinter diesen Autoren stehen und damit die Rahmenbedingungen für solch herausragende Arbeiten schaffen.

Preisverleihungen, meine Damen und Herren, sind ja immer auch eine gute Gelegenheit, über die eigene Branche nachzudenken, gleichsam Rechenschaft abzulegen über alte Ziele und neue Herausforderungen, über wichtige Ereignisse, schmerzhafte Niederlagen und grandiose Siege. Das haben wir auch beim Theodor-Wolff-Preis stets so gehalten. Selten allerdings befanden sich Medien und ihre Macher nach meiner Erinnerung in Deutschland in einer solchen Verteidigungshaltung wie heute. Und zwar nicht etwa gegen diejenigen Menschen, die Medien nutzen, sondern ganz offenkundig gegenüber Leuten, die nichts mit ihnen zu tun haben… wollen.

Das begann mit den Pegida-Aufmärschen in Dresden und anderswo, als Tausende „Lügenpresse halt die Fresse“ skandierten, die Foren von Presse und Rundfunk in den sozialen Medien mit primitiven Hass-Meldungen überschwemmten und Journalisten in Cottbus wie in Dortmund massiv bedroht wurden.

Das endet nicht mit ratlosen oder vielleicht doch eher unberatenen Strafverfolgungsbehörden, die gegen zwei Blogger von der Plattform Netzpolitik.org wegen Landesverrats ermitteln, weil die einen Haushaltsplan des Verfassungsschutzes aus unbekannter Quelle durchgestochen hatten.

Landesverrat, meine Damen und Herren? Musste es wirklich die ganz große Kanone sein, um zwei Blogger mächtig einzuschüchtern? Landesverrat? Das ist ein Vorwurf, der sonst bei schwerer Spionage und in Kriegen erhoben wird.

Es ist höchste Zeit für Abrüstung, nicht nur im Denken und Tun, auch in der Sprache, in der wir miteinander kommunizieren - und die nach meinem Eindruck eben immer kriegerischer, drastischer, undifferenzierter wird. Vor allem in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, aber doch auch in Presse und Rundfunk.

Dabei geht es mir gerade nicht um Beschönigung; es ist gut, wenn aktuell über den gedankenlosen Gebrauch verschleiernder Begriffe wie Asylkritiker oder besorgte Bürger diskutiert wird, wo eigentlich Asylverweigerer und militante Rechtsradikale gemeint sind. Wobei ich mir sehr wohl im Klaren bin, dass nicht alle Asylkritiker Asylverweigerer und die Mehrzahl der besorgten Bürger keine militanten Rechtsradikalen sind.

Hinsehen, nachdenken, recherchieren – und dann klar sagen, was ist und was das alles zu bedeuten hat. Das ist die Aufgabe.

Damit komme ich nun zurück auf das Ereignis, das uns hier zusammengeführt hat, nämlich die Auszeichnung der Besten des Jahres 2014. Ich wünsche uns allen einen unterhaltsamen, einen inspirierenden Abend und gebe das Wort jetzt an Jörg Thadeusz, der uns durch das Programm führen wird.

Es gilt das gesprochene Wort

"Eine große Zeitung steht auch im Dienste allgemeiner Interessen und sollte nicht ausschließlich nach den Grundsätzen irgendeines kaufmännischen Unternehmens geführt werden."

Theodor Wolff, von 1906 bis 1933 Chefredakteur des "Berliner Tageblatts", hat dies 1931 geschrieben – in einem Memorandum an einen neuen Geschäftsführer seines Verlages, der ausgerechnet in der Zeit des Erstarkens der Nationalsozialisten keinen Sinn für diese publizistische Verpflichtung seiner großen Zeitung hatte. Der kleinkariertes Kostenmanagement mit Verlegertum verwechselte.

Meine Damen und Herren, meine geschätzten Kollegen Verleger, werte Geschäftsführer, Chefredakteure und Journalisten aus ganz Deutschland, werte Mitarbeiter des Mittelrhein-Verlages und des BDZV, liebe Ministerin Nahles, verehrte Gäste, es ist gut, dass es seit 1962 den Theodor-Wolff-Preis gibt.

Jahr für Jahr erinnert uns dieser Preis an einen der großen Publizisten der deutschen Geschichte und seinen Kampf gegen Dumpfheit und Extremismus. Immer aufs Neue erinnert uns dieser Preis aber auch daran, dass Verlage ganz besondere Unternehmen sind.

Ja: Die Renditen unserer Verlage müssen stimmen. Das ist aber kein sinnfreies Gewinnstreben wie bei mancher Investmentbank. Der wirtschaftliche Erfolg unsere Verlage ist das Fundament für unser Wirken und unsere Wirkung bis tief in die Gesellschaft hinein. Renditen sind die Garantie für die Unabhängigkeit unserer Verlage.

Und Unabhängigkeit ist unverzichtbar für die Erfüllung unseres öffentlichen Auftrages: Journalisten informieren und kontrollieren. Zeitungen und Webseiten von Zeitungen legen offen, was unserem Land hilft und schadet. Verlage stärken die Demokratie. Verlage dienen unserer Gesellschaft. Diesem Auftrag und dieser Freiheit werden wir gerecht – bewusst und verantwortungsbewusst.

Unsere Rolle ist Privileg und Verpflichtung zugleich. Sie unterscheidet sich grundlegend von der Praxis von unkritischen Mitteilungsblättern, von Amateur-Journalismus in Print und Web, von staatsnahem Rundfunk, von PR und Lobbyismus.

Daraus folgt – und das dürfen wir Verleger, unsere Verlagsmanager und Redaktionen nie vergessen: Kern unseres Tuns ist nicht das Produzieren von Zeitungsseiten oder digitalen Inhalten. Wir sind auch keine Drucker oder Papierspediteure.

Nein. Wir sind Verleger, Verlage, Journalisten.

Kernaufgabe unserer Verlage ist: Wir ermöglichen das unabhängige Publizieren von Inhalten, die für unsere Leser und für unser Land relevant sind. Kernaufgabe unserer Redaktionen ist es, relevanten Content zu generieren – professionell, hochwertig, engagiert und mutig. Die in unserer Branche oft diskutierte Frage "Print First oder Online First?" geht an der publizistischen DNA unseres Wirkens vorbei. "Content First" – das beschreibt die Aufgabe und Verpflichtung unserer Verlage und Redaktionen viel treffender.

Der Theodor-Wolff-Preis macht Jahr für Jahr deutlich, wie beeindruckend oft es den deutschen Zeitungsverlagen gelingt, dieser Verpflichtung gerecht zu werden. Die Jury hat jedes Jahr die Qual der Wahl, aus Hunderten von exzellenten Beiträgen die fünf besten herauszufiltern. Oft haben diese Texte literarische Qualitäten. Immer belegen diese Texte: Die deutschen Zeitungsverlage bieten herausragende journalistische Qualität.

Der Theodor-Wolff-Preis macht mit seinen Preisträgern aus sehr vielen Verlagen und seinen immer wieder neuen Auszeichnungsorten aber auch deutlich: Diese hohe Qualität wird nicht nur in Hamburg, Berlin, Frankfurt und München, sondern auch und gerade in der Fläche gewährleistet – durch regionale Verlage wie dem unsrigen.

Diese regionalen Medienhäuser sind gleichsam der Rhein der deutschen Verlagslandschaft: Wir Regionalzeitungen durchziehen und verbinden das ganze Land. Wir erneuern uns immer wieder. Wir sind voller Kraft. Auf uns kann man sich verlassen. Nichts kann uns stoppen. Keine Partei, keine Staatskanzlei, kein Anzeigenkunde.

Der Mittelrhein-Verlag als Herausgeber der Rhein-Zeitung ist stolz darauf, in diesem Jahr Gastgeber der Verleihung des Theodor-Wolff-Preises sein zu dürfen.

Wir sind auch stolz darauf, dass zwischen 1975 und 2011 vier unserer Journalisten mit diesem Preis ausgezeichnet worden sind.

Alle drei noch lebenden Theodor-Wolff-Preisträger der RZ sind heute unter uns: Ich grüße Sie herzlich.

Wir – mein Mitgesellschafter Dr. Olaf Theisen und mein Sohn Thorn – sind aber auch aus einem anderen Grund dankbar für die Ehre, Gastgeber dieser Feier sein zu dürfen. Wir nutzen dies aus tiefer Überzeugung für einen Appell: Wir Verleger, Verlagsmanager und Chefredakteure sollten uns bewusst werden, dass unsere Inhalte unser wichtigstes Gut sind und damit einen Wert haben –unabhängig vom Publikationskanal.

Das legt einen Gattungsirrtum unserer Branche bloß: In Print können wir unsere Inhalte unverändert zu angemessenen Preisen monetarisieren. Fast unsere gesamte Branche aber hielt es für eine gute Strategie, exakt dieselben Inhalte auf unseren Webseiten zu verschenken. Dabei wird doch immer deutlicher: Die Jagd nach Reichweite im Netz durch das Verschenken von hochwertigen Inhalten ist zum Tanz um ein Goldenes Kalb geworden.

Die Millionen von Visits, auf die wir so stolz sind oder waren, sind nur wenige tausend Euro Werbeeinnahmen wert. Tendenz: sinkend. Wer rechnen kann, der erkennt: Auch im Netz müssen wir auf Content-Kunden setzen statt auf Reichweite. Visits sind Glasperlen. Ich bin deshalb sehr froh, dass unser Chefredakteur und unser Verlagsmanagement – inklusive Anzeigenchef! – beschlossen haben, mit Rhein-Zeitung.de aus der sinnlosen Jagd nach digitaler Reichweite auszusteigen und nun auch im Netz auf Leser-Kunden zu setzen.

Metered Models oder Freemium-Modelle mit vielen Frei-Texten halten wir für halbherzig. Ich habe den Eindruck, solche Modelle werden von Verlagsleitungen nur eingeführt, um die Gesellschafter beruhigen zu können: "Ja, auch wir haben jetzt Paid Content." In Wahrheit geht das Verschenken weiter.

Wir im Mittelrhein-Verlag haben uns für einen kompromisslosen Weg entschieden: Für eine harte Paywall.

Auf Rhein-Zeitung.de gibt es KEINEN Text mehr gratis. Wer lesen will, muss Kunde sein: Er ist Abonnent, oder er kauft für ein Jahr, für einen Monat, für einen Tag einen Zugangspass. Oder er kauft einen einzelnen Text. Auch hier sind wir selbstbewusst: Ein Artikel der Rhein-Zeitung kostet im Web 50 Cent.

Und es funktioniert: Wir beweisen, dass unsere Inhalte auch im Netz verkaufbar sind. Und trotz der denkbar härtesten Paywall haben wir nur 23 Prozent Reichweite im Vergleich zu 2014 verloren. Wir sollten deshalb auch bei unterstützenswerten neuen digitalen Plattformen für den Verkauf von Texten wie Blendle (sprich: Blendel) gutes Geld für gute Texte verlangen, statt uns hier in einen Wettbewerb nach unten zu begeben. 5 Cent pro Text, und dann noch mit Rückgaberecht? Was soll das…?

Einzelverkauf von Texten im Web, Jahres-Abos für eine Web-Site – unser Verlag hat neue digitale Produkte geschaffen, die von unserem Lesermarkt akzeptiert werden. Wir werden diesen Weg weitergehen: Wir arbeiten derzeit an einem neuen Ausspielkanal, der bewusst für hochwertige Texte konzipiert ist. Wir werden einen digitalen Lesesalon schaffen, der unseren besten Content neuen Zielgruppen erschließt – mit bewusster Ruhe und nobler Eleganz.

Sie merken: Ja, wir sind davon überzeugt, dass wir eine Bezahlkultur im Netz etablieren können. Nicht nur wir, sondern wir alle gemeinsam. Ich würde mich freuen, wenn sich mehr Verlage als bisher entscheiden, diesen Weg zu gehen. Je mehr Verlage hier konsequent umsteuern, desto eher werden wir den Lesermarkt im Digitalen gemeinsam erschließen. Und desto eher werden wir ein Paradoxon aus der Welt schaffen: 3,50 Euro für einen in Sekunden getrunkenen Espresso sind gesellschaftlich akzeptiert.

Relevante Texte aber, für die unsere Journalisten teils wochenlang recherchiert haben, die oft weitreichende Folgen haben, die soll es im Netz gratis geben? Das ist kein Geschäftsmodell. Und es ist auch eine Geringschätzung gegenüber meisterlichen Texten und herausragenden Journalisten wie denen, die heute Abend ausgezeichnet werden.

Lassen Sie uns deshalb gemeinsam daran arbeiten, dem Wert und den Werten von Journalismus im Gedruckten die ihm zukommende Geltung zu bewahren und auch im Digitalen die ihm zustehende Achtung zu verschaffen. Ganz im Geiste von Theodor Wolff.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Anzeige: Glückwunsch an die Preisträger

Wir gratulieren den Preisträgern.

Sie haben journalistische Glanzstücke geliefert – brillant in Sprache, Stil und Form, Zeugnisse einer demokratischen und gesellschaftspolitischen Verantwortung.

Sie stehen damit in der Tradition von Theodor Wolff (1868-1943), dem einstigen Chefredakteur des legendären „Berliner Tageblatts“.

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Anzeigen-Grafik der TWP-Preisträger 2015
BDZV

Die nominierten Arbeiten werden jedes Jahr in einer Dokumentation veröffentlicht, die zur Preisverleihung erscheint. Die Broschüre der nominierten Beiträge zum Theodor-Wolff-Preis kann auf dieser Seite als PDF heruntergeladen oder in gedruckter Form bestellt werden.

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